-das Thema Impfungen ist ein ganz heißes Eisen, und es ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe für Eltern, diese Fragen für das Kind zu beantworten. ... Weiterlesen ...
Impfen pro und contra
STECKBRIEF
Name: Dr. med. Volker Melichar
Beruf: Oberarzt in der Kinderklinik des Universitätsklinikums Erlangen.
Tätigkeiten: Leiter des Allergiezentrums
Da sich viele Eltern beim Thema Impfen zwischen den Meinungen von Impfgegnern und Impfbefürwortern überfordert und unzureichend informiert fühlen, haben wir uns mit Herr Dr. med. Volker Melichar unterhalten, dem Leiter des Allergiezentrums der Kinder- und Jungendklinik Erlangen.
Impfen: Pro und Contra
- Eltern in der Zwickmühle: Impfen oder nicht?
- Vor- und Nachteile der Sechsfachimpfung
- Wirkt Stillen als Nestschutz vor Infektionskrankheiten?
- Was ist beim Impfen mit Allergien zu beachten?
- Werden Allergien durchs Impfen ausgelöst oder verstärkt?
- In der Kritik: die Windpocken-Impfung
- Wann sollte nicht geimpft werden?
- babyclub.de: Viele Eltern sehen sich in der Zwickmühle: Von öffentlicher Seite wird empfohlen, Babys möglichst früh gegen viele Infektionskrankheiten zu impfen. Auf der anderen Seite stehen Impfgegner, die auf mögliche Impfschäden und Nebenwirkungen hinweisen. Gibt es einen goldenen Mittelweg?
Dr. Melichar: Die Angst ist verständlich. Eltern wollen ihr Baby natürlich nicht zu früh, und keinen unnötigen Gefahren und Fremdstoffen aussetzen. Der goldene Mittelweg bestünde eigentlich aus individuellen Impfplänen, Einzelimpfungen und nach hinten verschobenen Impfterminen. Mit Sicht auf den einzelnen Patienten sind diese individuellen Impfpläne zwar teilweise zu vertreten, allerdings sind dann die Nachteile der zahlreichen Einzelimpfungen gegeben. Mehr Einzelimpfungen bedeuten mehr schmerzhafte Stiche und eine höhere Belastung durch Zusatz- und Konservierungsstoffe. Zudem ist der Schutz für die Gesamtbevölkerung nicht mehr gewährleistet. Ohne eine hohe Impfrate sind vor allem ganz junge und alte Menschen, sowie Menschen mit einer Immunschwäche gefährdet.
- babyclub.de: Was sind die Vor- und Nachteile der so genannten Sechsfachimpfung, die die STIKO im dritten Lebensmonat vorsieht?
Dr. Melichar: Der große Vorteil ist, dass sechs Impfungen mit einer Injektion verabreicht werden und dadurch dem Körper weniger Zusatz- und Konservierungsstoffe zugeführt werden, als bei getrennten Impfungen. Der heutige Sechsfachimpfstoff enthält zudem deutlich weniger verschiedene Oberflächeneiweiße, mit denen sich das Immunsystem auseinandersetzen muss, als ältere Einzelimpfstoffe.
Nachteile hat die Sechsfachimpfung keine. Es gibt keinen Hinweis auf negative Auswirkungen einer frühzeitigen Auseinandersetzung des Immunsystems mit mehreren (abgetöteten) Krankheitserregern. Außerdem sind Impfreaktionen nach Mehrfachimpfung auch nicht stärker als nach Einfachimpfungen. Sogar Frühgeborene werden erfolgreich ab dem 2. Lebensmonat auf diese Weise vor gefährlichen Krankheiten geschützt.
- babyclub.de: Bietet das Stillen prinzipiell einen Nestschutz vor Infektionskrankheiten?
Dr. Melichar: Stillen bietet viele Vorteile, unter anderem auch einen Schutz vor Infektionen. Gestillte Kinder erkranken bis zu fünfmal seltener an Magen-Darm-Infektionen. Aber auch ein Schutz vor Ohr- und Atemwegsinfektionen scheint zu bestehen. Der Nestschutz für schwere Infektions- und Kinderkrankheiten wird jedoch hauptsächlich vor der Geburt über das Blut übertragen und nimmt im Laufe des ersten Lebensjahrs ab. Der Nestschutz ersetzt daher nicht eine Schutzimpfung, vielmehr bauen die Impfungen im Laufe des ersten Lebensjahres schrittweise die Schutzfunktion auf.
- babyclub.de: Immer mehr Kinder leiden schon im Säuglingsalter an Allergien. Was gilt es bei diesen Kindern beim Impfen zu beachten?
Dr. Melichar: Vorsicht ist bei Kindern geboten, die eine nachgewiesene Allergie auf einen der Inhaltsstoffe der Impfung haben. Auch wenn Kinder beispielsweise eine Nahrungsmittelallergie gegenüber Eiern haben muss bei einer Impfung achtgegeben werden, ob der Impfstoff Spuren von Hühnereiweiß enthält.
Eine allergische Reaktion ist zudem nicht mit einer normalen Impfreaktion zu verwechseln, die bei einem Totimpfstoff nach circa drei Tagen und bei einer Lebendimpfung nach sieben bis zehn Tagen mit einem Temperaturanstieg einhergeht. Dies ist eine völlig normale und erwünschte Auseinandersetzung des Immunsystems mit dem Impfstoff.
Richtige Allergien dagegen bestehen nur sehr selten. Auch dann kann unter klinischer Aufsicht geimpft werden.
- babyclub.de: Kann es sein, dass Allergien durch das Impfen ausgelöst oder verstärkt werden?
Dr. Melichar: Falls eine echte Allergie nicht schon vorher besteht, ist eher das Gegenteil der Fall. Eine frühzeitige Auseinandersetzung des Immunsystems mit leichten Infektionen, zu denen auch Impfungen zählen, hat einen schützenden Effekt vor Allergien. So hat eine Studie ergeben, dass Personen, die früher gegen Pocken oder Tuberkulose geimpft wurden, weniger Allergien als nicht Geimpfte haben. Kinder die unter übertriebener Hygiene aufwachsen und deren Immunsystem weitgehend unbelastet bleibt, leiden häufiger unter Allergien.
- babyclub.de: Seit 2004 empfiehlt die STIKO auch die Impfung gegen Windpocken. Dabei wird argumentiert, dass die Krankheit nicht so ungefährlich ist, wie bisher angenommen. Impfgegner verweisen auf die teilweise stark auftretenden Nebenwirkungen. Was sagen Sie zur Windpocken-Impfung?
Dr. Melichar: Bei Kindern treten bis zum 10. Lebensjahr in der Tat nur selten schwere Komplikationen durch Windpocken auf. Anders sieht es für Jugendliche, Erwachsene, ältere Menschen, Menschen mit einer Immunschwäche, Schwangere, sowie Babys im Mutterleib aus. Sie können lebensbedrohlich erkranken. Durch eine hohe Impfrate könnte für diese Menschen das Risiko verringert und theoretisch der Erreger ausgerottet werden. Möglicherweise führen Windpocken-Impfungen auch zur Reduzierung von Gürtelrose-Erkrankungen im höheren Alter. Nur wenn ein möglichst hoher Prozentsatz der Kinder eine Windpocken-Impfung erhält – am besten durch eine Kombination mit Masern, Mumps und Röteln – kann eine spätere Ansteckung mit hohen Komplikationen vermieden werden.
Zu den Nebenwirkungen: Die Windpocken-Impfung ist seit 1996 in den USA empfohlen und wird gut vertragen. In 2-10% kommt es zu Symptomen, die abgeschwächten Windpocken entsprechen. Bei 0,05% können Nebenwirkungen wie Rötung oder Schwellung um die Einstichstelle, sowie eine leicht erhöhte Körpertemperatur auftreten. Bevor es die Impfung gab, starben in den USA bis zu 100 Menschen pro Jahr an den Folgen einer Windpockenerkrankung. Diese Zahl hat sich um das 17-fache reduziert und liegt in der Zwischenzeit bei 6 Menschen pro Jahr.
- babyclub.de: Gibt es Fälle, in denen Kinder nicht geimpft werden sollten?
Dr. Melichar: Kinder und Erwachsene mit schweren Immunschwächen dürfen keine Lebendimpfungen bekommen. Das sind heutzutage nur noch die Gelbfieber-, Masern-Mumps-Röteln- und die Windpockenimpfung. Bei leichten Immundefekten können die beiden Letzteren meistens dennoch geimpft werden. Von Totimpfstoffen, wie beispielsweise der Sechsfachimpfung, geht keine Gefahr aus – im ungünstigsten Fall besteht lediglich kein Impfschutz. Menschen mit schweren allergischen Reaktionen auf bestimmte Inhaltstoffe müssen unter besonderer Überwachung geimpft werden.
Hochfieberhafte Infektionen mit Fieber über 39°C sind ein häufiger Hindernisgrund für eine Impfung. Sie sollte aber rasch nach dem Infekt nachgeholt werden. Was wenig bekannt ist: Die häufigen, leichten Infekte mit Fieber bis 38,5°C sind kein Hindernis für eine Impfung.
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