Schwangerschaftsblog | Babyblog
Stellas Blog
Selbstverständlich findet ihr weiter unten nach wie vor meinen Schwangerschaftsblog. Vom Schwangerschaftstest über das Gespräch mit dem Chef bis hin zur Namenssuche – lest hier nach, wie alles begann.
Wichtig für euch: Der neueste Beitrag steht immer ganz oben!
Mein Babyblog:
Gute Nacht-Geschichten
Grundsätzlich muss ich diesem Blog vorwegschicken, dass Anne ein super Schlaf-Kind ist. Soll heißen: Sie schläft durch. Und das bereits seit ihrer dritten Lebenswoche. "Durchschlafen" definiert meine Hebamme mit fünf Stunden schlafen am Stück. "Durchschlafen" definiert Anne mit zwölf Stunden in aller Ruhe ausschlafen am Stück. Von acht Uhr abends bis acht Uhr morgens. Ein Traum! Tagsüber legt sie dann noch das ein oder andere Entspannungsnickerchen drauf. Ihre Schlafgewohnheiten machen mir demnach nur in dem Punkt Sorgen, dass ich fürchte, die ein oder andere Freundin zu verlieren. Denn, wenn sich junge Mamas treffen, sorgt das Thema "Schlaf" immer, und damit meine ich IMMER, für Gesprächsbedarf. Felix zieht nachts wie tags seinen bewährten Zwei-Stunden-Rhythmus gnadenlos durch, und Mama hat deswegen schon leichte Augenringe. Die kleine Franziska findet nachts schlafen generell doof und erledigt das am Tag. Tagsüber schläft sie jetzt aber schon ganz lieb durch. Nur ihre Mutter steht durch ihr verdrehtes Kind vor organisatorischen Herausforderungen. Denn, wenn sie nachts um zwei Uhr einen schönen Einkaufsspaziergang zum örtlichen Supermarkt macht, um Franzi die Welt zu zeigen, hat der leider zu. Und wer nachts um vier den bahnbrechenden Entwicklungsschritt feiert, dass sich das Baby jetzt im Laufstall vom Bauch auf den Rücken dreht, um an die Rassel zu kommen, der ist tagsüber eher müde. Fritz schläft auch schon super durch. Allerdings nur er. Denn sein seliger Schlaf ist begleitet von derart lauten Grunz- und Quietschgeräuschen, dass außer ihm im elterlichen Schlafzimmer keiner zur Ruhe kommt. Ohrstöpsel für Mama und Papa waren eine Lösung, die wir diskutiert haben. Wir sind allerdings zu dem Schluss gekommen, dass wir es zu gefährlich finden, wenn keiner der Erziehungsberechtigten bemerkt, wenn der kleine Fritz dann doch mal wach wird. Und Papa vergisst vielleicht auch, die Stöpsel rechtzeitig vor dem Weckerklingeln rauszunehmen. Wenn ich in dieser Runde nun von Anne erzähle, der Schläferin vor dem Herrn, mache ich mir Feindinnen und ernte neidvolle Blicke. Ich hörte sogar schon den freundlichen Begrüßungssatz "Wir reden gerade über die Schlafgewohnheiten unserer Kinder, du kannst also noch deine Besorgungen machen und später wieder kommen" - beim Babyfrühstück. Allerdings könnte auch ich wertvolle Beiträge zum Thema liefern. Zum Beispiel, dass ich nachts auch nicht unbedingt schlafe, nur weil Anne schläft. Ich habe schließlich noch ein großes Kind. Und wer schon einmal zwischen zwei Kindern geschlafen hat (Schatz ist auf Geschäftsreise und dann darf Emma bei mir im Ehebett nächtigen), der weiß, das schlafende Kinder nicht automatisch schlafende Eltern nach sich ziehen. Das kleine Baby liegt links auf meiner Matratze, die Große macht sich auf der Schatzseite breit (quer, sie macht sich quer, um genau zu sein). Und ich liege? In der Mitte. Zwischen den Matratzen. Sehr beengt. Ein Zeh von Emma in der Nase und den Rücken schmerzhaft gekrümmt, um auch ganz sicher die Kleine nicht platt zu liegen. Also, meine lieben Freundinnen, bitte lasst mich wieder mitreden, denn auch ich kann von schlaflosen Nächten erzählen. Bitte, lasst mich wieder zu euch gehören, selbst wenn meine Geschichten im Gegensatz zu euren immer noch gute Nacht-Geschichten sind...
Anne im Weltall
"Die Gravitation (von lateinisch gravitas, Schwere), auch Massenanziehung oder Schwerkraft, ist eine der vier Grundkräfte der Physik. Sie bewirkt die gegenseitige Anziehung von Massen und lässt sich nicht abschirmen. Sie nimmt mit zunehmender Entfernung ab, besitzt aber unbegrenzte Reichweite. Auf der Erde bewirkt die Gravitation, dass alle Körper nach unten fallen, sofern sie nicht durch andere Kräfte daran gehindert werden." So steht es in Wikipedia. Ich habe das deshalb nachgelesen, weil die Gravitation für uns derzeit zum Problem zu werden scheint. Zu einem unlösbaren Problem, um genau zu sein. Alles begann an dem Tag, an dem Anne sich das erste Mal zur Seite drehte. Meine Freude war riesig, und ich habe sie gelobt, als hätte sie den Physiknobelpreis erhalten. Hat sie aber definitiv nicht. Sonst hätte sie ja vorher berechnen können, dass sie ihre (mittlerweile sehr beachtliche) Masse zwar zur Seite drehen kann - aber nicht mehr zurück. Die Schwerkraft ist stärker als sie. Ok, sie hat sich verrechnet, nicht so schlimm, sollte man denken. Kommt eben eher nach der Mutter, das Kind. Doch. Sehr schlimm. Denn kaum liegt sie auf der Seite, schlägt die Gravitation erneut zu. Und raubt ihr den Schnuller. Der fällt ihr aus dem Mund und die Erdanziehung reißt ihn an sich. Nun findet Anne auf der Seite liegen mit Schnuller allerhöchstens akzeptabel. Ohne Schnuller findet sie die Seitenlage allerdings untragbar. Sie liegt demnach kurz nach erfolgreicher Drehung laut schreiend da. Super! Toll, dass sie etwas Neues gelernt hat! Meine Lobeshymnen sind verstummt, wenn ich im Zwei-Minuten-Takt am Laufstall stehe, meine Kleine zurück in Rückenlage drehe und ihr den Schnulli wieder in den Mund stecke. Aber nicht nur der Beruhigungssauger fällt der Schwerkraft zum Opfer. Einfach alles. Der Beißring, die kleine Raupe, die so schön knistert, Speedy, unsere klingelnde Schnecke. Alles. Außer, es wird durch eine andere Kraft gestoppt. Also durch mich. Doch so schnell bin ich nicht. Nicht immer. Nur sehr selten. Ich wage sogar die These, dass Anne "unseren" Nationaltorwart, Manuel Neuer, an die Grenzen seiner Reaktionsfähigkeit bringt. Denn, wenn Schnuller, Rassel und Raupe nahezu zeitgleich in hohem Bogen aus dem Laufstall fliegen, weiß auch der Manuel nicht, wo er zuerst hingreifen soll. Meine Recherchen bei Wikipedia haben zwei Dinge ergeben. Entweder die Spielzeugindustrie kümmert sich schnellstens darum, kleine Rasseln herzustellen, die keine Masse besitzen (ich bin wirklich ein Totalausfall in Sachen physikalisches Verständnis, aber ich glaube, das wird richtig schwierig und dauert noch ein Weilchen) oder wir müssen weg. Weit weg. Sehr weit weg. Ins Weltall. In die Schwerelosigkeit. Denn nur dort können wir der Schwerkraft ein Schnippchen schlagen. Ich stelle mir da ein komfortables kleines, gemütliches Familienraumschiff für vier Personen vor, mit dem wir alle solange gepflegt durch die Galaxis tingeln, bis unser jüngstes Familienmitglied gelernt hat, den Schnulli sicher anzusaugen und seine Spielsachen nicht mehr so leichtfertig aus der Hand gibt. Schatz muss demnach so fünf bis zehn Monate Urlaub anmelden, vielleicht auch gleich ein Sabbatjahr beantragen, Emma befreien wir von der Schule und stellen sie ein Jahr zurück (die Begründung "Wir müssen mal kurz der Schwerkraft entfliehen" wirkt sicher sowohl bei Emmas Klassenlehrerin als auch beim Schatz-Chef Wunder) und ihr, meine Lieben, ihr bekommt vielleicht schon bald den ersten Babyblog aus dem All...
Frühstück mal anders
Früher haben wir Frauen uns zum Frühstück getroffen. Zum Frauenfrühstück um neun Uhr. Das war schön! Da wurde der ganze Ort einmal durchgekaut. Von vorne nach hinten, von oben bis unten. "Habt ihr schon gehört? Der Vorstand des Musikvereins, der ist vergangene Woche zu Hause ausgezogen! Und die Frau von Friseur Müller hat einen neuen Haarschnitt. Grauenvoll, sage ich euch, grauenvoll! Hätte sie den nicht von ihrem Mann, würde sie den Prozess gewinnen. Was macht eigentlich die alte Bauersfrau? Die, die im Frühling immer zuerst die Nachbarautos und dann ihre Wiese pflügt. Lebt die noch? Die habe ich schon lange nicht mehr gesehen!" Frauenfrühstück eben. Wir saßen gesittet zusammen am Tisch, haben Kaffee getrunken, Croissants gegessen und mit einem Sektchen angestoßen. Ganz entspannt. Bis um 16 Uhr. Und unsere Männer waren froh, wenn sie nach Hause kamen. Denn wir waren satt, gut gelaunt und entspannt. Heute ist das alles anders. Heute treffen wir uns zum Babyfrühstück. Um zehn Uhr. Denn früher schafft es keine von uns, sich selbst und das Baby soweit herzustellen, dass die Truppe öffentlichkeitstauglich ist. Und sogar um zehn Uhr sind wir nur selten vollzählig. Meistens kommt die Letzte um elf Uhr völlig abgehetzt zur Türe herein, weil sich der Nachwuchs, fertig verpackt, noch mal bis zum Hals vollgekackt hat. Am Tisch sitzen wir nie zusammen. Zwei bis drei Mamis hopsen immer durch den Raum, um ihr Baby zu beruhigen, weil es schreit. Andere sitzen stillend auf dem Sofa oder machen in der Küche schnell ein Fläschchen warm. Gesittet sind nur die Erwachsenen, denn die Kleinen rülpsen und furzen befreit in den Raum. Martin Luther hätte seine Freude daran gehabt. Wir auch, denn dann sind sie ja zufrieden, unsere Süßen. Heute haben wir in der einen Hand eine Brezel (Croissants krümeln, und wir wollen ja nicht, das Klein-Benedikt sich die Krümel in den Mund schiebt, die ihm – in seinem zarten Alter von drei Monaten – sicherlich den Magen durcheinanderwirbeln) und in der anderen die Feuchttücher. Manchmal ist die Brezel auch im Mund, die eine Hand fuchtelt mit einem Tüchlein und die andere faltet die vollgekackte Windel zusammen. Alles neben dem Esstisch. Wenn es ganz schlecht läuft, kommen wir nicht einmal dazu, etwas zu essen. Die Gesprächsthemen (der wenigen Mamis, die am Tisch sitzen) haben sich auch verändert. Was die anderen Ortsbewohner so treiben ist uns scheißegal. Wir reden über wichtige Dinge: "Halten die günstigen Windeln, was sie versprechen, nämlich trocken? Wie oft macht denn dein Fritz täglich Kaka in die Windel? Der neue Supermarkt ist echt doof! Da gibt es an den Einkaufswägen gar keine Halterung für den Maxi-Cosi. Wie hoch ist denn der Chlorgehalt im Wasser beim Babyschwimmen? Hat deine Franziska Käsefüße?" Ob Franziska es später so toll findet, dass sie immer die Stinke-Franzi bleiben wird, auch, wenn sie ihr kleines Problem mit 15 Jahren längst im Griff hat, bleibt offen. Der Sekt ist komplett gestrichen. Die einen stillen, die anderen werden immer so müde, wenn sie Alkohol trinken. Letzteres war früher auch so, hat uns aber nicht weiter gestört. Um zwölf Uhr ist der ganze Spuk zu Ende und alle hetzen nach Hause, weil die Großen von der Schule kommen oder der nächste Babymassage-Termin ansteht. Wenn unsere Männer nach Hause kommen, treffen sie dort eine Ehefrau an, die hungrig, gestresst und übellaunig auf dem Sofa sitzt. Der Mann, in dessen Wohnung die ganze Sause stieg, fragt sich wahrscheinlich sogar, warum es in seinem Esszimmer riecht wie auf einer öffentlichen Toilette. Er fragt sich das, während er die Reste vom Babyfrühstück aufräumt, denn Mama hatte keine Zeit mehr, sie musste gleich weg. Zum Babyschwimmen.
Ich bilde mich zurück
Endlich. Es ist soweit. Der Rückbildungs-Kurs beginnt. Rückbildungs-Kurs. Das ist, wenn sich frisch gebackene Mamis treffen, um ihren Beckenboden auf Vordermann zu bringen. Das Besondere daran: Sie treffen sich das erste Mal seit der Geburt ihres Babys mit anderen Menschen – außerhalb ihres natürlichen Lebensraumes der letzten zwölf Wochen. Sie verlassen ihre Wohnung. Ganz alleine. Ohne Baby. Toll! Ich freue mich wie ein kleines Kind auf den ersten Termin. Selbst die provokante Frage von Schatz, ob ich zu viele Fortbildungen besucht hätte und deswegen jetzt die Zeit für eine Rückbildung gekommen wäre, trübt meine gute Laune nicht. Um 18 Uhr geht's los. Das schaffe ich nicht ganz pünktlich, weil Anne einen Schreianfall hat und sich nur von mir beruhigen lässt. 18.15 Uhr bin ich da. Wir starten um 18.20 Uhr, weil die anderen Mamis es auch nicht pünktlich geschafft haben – aus den verschiedensten Gründen (Lars hat über Papa gekotzt, Liz wollte kurzfristig gestillt werden, da sie Muttermilch aus Flaschen generell ablehnt, Paul brauchte noch schnell ein Fieberzäpfen und die kleine Saskia fand es echt doof, dass Opa auf sie aufpassen soll, ist aber dann vor Wut eingeschlafen). Als erstes legen wir uns auf den Rücken und spüren unseren Beckenboden. Ich spüre meinen Ischias-Nerv. Sehr deutlich! Meinen Beckenboden allerdings nicht so richtig. Auch die ersten Hilfestellungen für Fühl-Blödis wie mich (ein Aufzug fährt in uns nach oben, wir bilden einen Trichter) helfen nix. Erst der Hinweis, dass wir uns verhalten müssen, als ob wir dringend Pipi müssten, lässt mich meinen Beckenboden fühlen. Ich muss mal! Dringend! Das habe ich zu Hause nun wirklich nicht mehr geschafft. Ich verlasse den Raum mit dem Wissen, wie sich Beckenboden-Anspannen anfühlt. Das ist doch mal ein Schritt in die richtige Rückbildungs-Richtung. Als ich zurück bin, liegen alle anderen stöhnend, auf ihre Arme gestützt, mit geradem Rücken, gestreckten Beinen und Füßen auf dem Boden rum. Also, das kann ich auch. Kurz. Dann habe ich einen Krampf im Fuß. Im Linken, um genau zu sein. Stimmt, ich habe seit drei Tagen meine Magnesium-Tabletten nicht genommen. Ich krampfe mich durch die restlichen Übungen zur Stärkung der Rumpfmuskulatur. Und zur Belohnung erhalte ich? Eine Phantasiereise! Scheiße, das konnte ich schon als Schwangere nicht. Damals war unser Ziel ein Fluss. Heute ist es eine Blumenwiese. Diese Vorstellung ist für Allergiker wie mich zum Entspannen eher suboptimal. Ich spüre schon, wie es mich in der Nase kitzelt. Dann habe ich, laut Kursleiterin, den dringenden Wunsch, barfuß in die Wiese zu treten. Wer mich kennt, der weiß, dass ich in meinem Erwachsenen-Leben diesen Wunsch niemals hege. Da habe ich ein Trauma. Als Kind hat mich jedes Mal eine Biene gestochen, als ich diesem Wunsch nachgegeben habe. Deshalb habe ich ihn abgelegt. Aus Sicherheitsgründen. Doch es wird noch besser. Jetzt will ich mich anscheinend in die Wiese "legen!". Krampfhaft suche ich nach einer Phantasiedecke, aber ich habe meinen imaginären Rucksack vergessen. Schön, dann haben die Bienen mehr Auswahl an Einstichpunkten. "Die Blumen um uns herum stehen alle in prachtvoller Blüte", haucht mir die Vorleserin in die Ohren. "Wo ist mein Cortison-Spray?", denke ich panisch. Ich habe keines dabei. Liegt wahrscheinlich im Rucksack zu Hause. Gleich neben der Decke. Mit einer heftigen Niesattacke reiße ich die anderen Mamis aus ihrer Tiefenentspannung. Sorry, Leute. Ich glaube, ich habe mich ein bisschen reingesteigert. Als ich nach Hause fahre, empfinde ich tiefe Zufriedenheit und freue mich schon aufs nächste Mal. So ein Rückbildungskurs ist super. Egal, was dort passiert. Ein Rückbildungskurs bedeutet vor allem eins: Eineinhalb Stunden Zeit. Eineinhalb Stunden Stella-Zeit!
Outfit-Outtakes
Die Auswahl an Babybekleidung in Größe 62 ist, formulieren wir es einmal so, "sehr eingeschränkt". Und: Alle Mützen haben Ohren. Warum? Das ist nicht notwendig. So sehe ich das. Bei einem braunen Winteranzug lasse ich mir ein paar Öhrchen auf dem Kopf gefallen. Da soll das Baby wohl ein kleines Bärchen sein... Ich brauche sie aber nicht. Grundsätzlich finde ich keine Ohren besser. Das Baby hat ja schließlich zwei eigene. Manchmal allerdings, können solche Öhrchen richtig nerven. Beispiel: Anne hat einen süßen, bunt gestreiften Dress. Grün, gelb, rot, blau, dazwischen weiß. Auf dem Body steht irgendein doofer Spruch, aber dazu später. Die Mütze hat dieselben Streifen wie die Hose. Und außerdem ein paar Ohren. Runde Ohren, um genau zu sein. Was ist das für ein Tier, das Anne darstellen soll? Ein mutiertes Chamäleon? Eines, das seine Augen nicht - wie seine Kumpels - in alle Himmelsrichtungen drehen kann, aber dafür seine Ohren. Eine kleine, bunte Laune der Natur, die zwar nicht sieht, wenn sich ein Fressfeind von hinten nähert, aber geduldig lauscht, wer denn da heute zum Essen vorbei kommt. Ist es ein kleines Insekt? Super! Ist es groß und hat Lust auf frisches Chamäleon? Eher schlecht. Außerdem ist meine Kleine Besitzerin eines Giraffe-Zebra-Outfits. Das bedeutet: Sie liegt in ihrem Wagen mit einer beige-braun gestreiften Hose, einem Body, auf dem ein Zebra abgebildet ist und einer Mütze, passend zur Hose mit? Ja, richtig! Ohren! Runden Ohren! Nun ist ein Zebra zwar gestreift, aber schwarz-weiß. Und die Giraffe ist durchaus beige-braun gefärbt, aber fleckig. Ohren haben beide Tiere. Die sind aber eher spitz. Liebe Industrie! Was soll das? Solche Outfits bringen gleich zwei Probleme mit sich: Ein Geschwisterkind, das mich völlig verwirrt fragt, was seine kleine Schwester denn nun für ein Tier darstellt und ein Baby mit Identitätskrise, das nicht weiß, ob es Giraffe oder Zebra ist und welche Laute es dementsprechend von sich geben soll. Besonders schlimm wird das Outfit, wenn dann noch Schatz seine Finger im Spiel hat. Ich weiß nicht, ob es ein generelles Männerproblem ist, aber Schatz ist der Ansicht, dass es egal ist, was ein Baby trägt. Hauptsache bequem ist es. So passiert es, dass ich Anne frisch gekleidet antreffe, als ich vom Einkaufen zurück bin (sie hat sich vollgekackt, und Schatz war alleine zu Hause; sie kann also grundsätzlich froh sein, dass es überhaupt frische Klamotten für sie gab). Sie trägt: Rot-weiß gestreifte Socken, eine pink-grün karierte Hose, eine blau-gelb gepunktete Mütze mit langen Hängeohren (bei diesem Tier muss es sich entweder um einen Hasen mit Gendefekt oder eine andere sehr skurrile Laune in der Schöpfung von Mutter Natur handeln) und ein Shirt mit dem Aufdruck "Bin ich heute chic?". Der Aufdruck ist als Frage formuliert! Da muss es doch von allen Seiten ein lautes "Nein!" auf die gepunkteten Ohren geben. Ein sinnvoller Druck bei diesem Outfit-Outtake wäre doch wohl eher "Sorry Leute, heute hat mich Papa angezogen!". Also, liebe Bekleidungsindustrie, ich habe eine Lösung für das Problem. Blau, Gelb, Grün, Pink, Weiß, Schwarz, Rot. Das alles sind schöne Farben. Aber sie müssen ja nicht immer alle auf einem Kleidungsstück vertreten sein! Eine reicht. Uni ist in. Dann kann auch nicht viel schief gehen. Denn die meisten Babys haben das gleiche Problem, wenn es um die Outfit-Auswahl geht. Papa! Und ihr, liebe Hersteller von Babybekleidung, nur ihr, könnt verhindern, dass die Gäste der Hochzeitsgesellschaft in 30 Jahren Tränen lachen. Tränen lachen bei dem Anblick des großen Bilds, das an die Wand geworfen wird. Das Bild, auf dem Anne als Muster-Farb-Mix-Wolpertinger zu sehen ist. Lächelnd in den Armen ihres stolzen Vaters.
Anne vs. Schatz
Schade, dass sich kein Mensch an die frühen Monate seines Lebens erinnert. Das sind sicherlich die schönsten. Man weiß es nur in dieser Zeit noch nicht so richtig zu schätzen. Glaube ich. Für alle Zartbesaiteten unter euch: Achtung!!! Dieser Blog enthält Fäkalsprache, wie ihr es in diesem Ausmaß von mir nicht gewöhnt seid. Rülpsen, furzen, scheißen, kotzen. So. Wenn ihr das aushalten könnt, dann könnt ihr jetzt weiterlesen. Ergänzt durch die feinen Worte "essen" und "schlafen" haben wir die ganze Bandbreite des Babydaseins abgedeckt. Wenn Anne morgens die Augen öffnet, dann lächelt sie mich an. Schatz auch. Manchmal. Allerdings hat mich letzteres Lächeln noch nie in Begeisterungsstürme ausbrechen lassen. "Schatz! Ja, hallo! Ja, bist du denn schon aufgewacht? (Generell eher eine bescheuerte Frage) Und so eine gute Laune hat er, der Große! Hast du ein Hüngerchen? Soll deine Frau dir denn gleich ein kleines Frühstückchen zubereiten?" Habe ich noch nie gesagt. Ich sage eher so etwas wie "Morgen.". Anne erhält von mir jedoch jeden Morgen so eine kleine Begrüßungsansprache. Vielleicht sogar versetzt mit einigen süßen, kleinen Kosenamen. Und in jeglicher Kommunikation mit meiner Kleinen steht am Satzende immer ein Ausrufe- oder Fragezeichen. Immer. Außerdem rede ich stetig in der dritten Person mit ihr. Als wäre ich Ludwig XIV.. "Die Mama macht jetzt dies, die Mama macht jetzt das. Die Mama geht jetzt auf Toilette." Ich muss inzwischen aufpassen, dass ich im Restaurant nicht rufe: "Die Mama möchte jetzt bitte die Rechnung!" Scheißt die Madam in die Windel, dass sie braun ist bis zum Hals, breche ich fast zusammen vor lauter Freude. "Du hast aber ein feines Kaka gemacht! Und so viel! Das ist ja toll! Das hat dich sicher schon eine ganze Weile geplagt?" Man versucht ja stets, das Geschrei, das so ein Baby von sich gibt, zu erklären. Auch wenn schlichte Übellaunigkeit die Ursache ist. Geht Schatz auf die Toilette, bleibt das Lob meinerseits aus. Er erntet höchstens ein "Hättest du nicht wenigstens das Fenster öffnen können?". Hat er schlechte Laune, ist mir der Grund dafür egal. Zusammenreißen soll er sich gefälligst! Lässt Anne einen Furz bei dem ich Angst habe, die Tapete löst sich, bin ich froh. So was von froh! Weil der war ja sicher der Grund für das vorausgegangene Geplärre. Bei Schatz. Na ja. Sollte er es wagen, in meiner Gegenwart so dreist zu sein... Dann ist es besser, er gewinnt ganz schnell Land. Schießt Anne mir, nach dem Verzehr eines 190ml-Fläschchens, einen Rülpser ins Gesicht, dass es mir die Haare nach hinten biegt, bin ich? Ja, sicher. Begeistert! Tut sie es nicht, bin ich traurig, weil ich die Folge des Nicht-Rülpsens fürchte. Bei Schatz hingegen bin ich nicht traurig, wenn der sich nach dem ersten Weizenbierschluck des Abends einfach mal beherrscht. Und nicht aufstößt. Oder zumindest leise. Beherrscht er sich nicht, erhält er eine lange Moralpredigt über seine Vorbildfunktion. Zurück zur Folge des Nicht-Rülpsens. Bei Anne. Kotzen. Kotzen in hohem Bogen aufs Sofa, Kotzen über mein neues, schwarzes Oberteil, Kotzen ins Bett (immer in meins, ihres hält sie penibel sauber), Kotzen auf meine Pizza (ja, wirklich passiert!!!!), Kotzen in meine frisch gewaschenen Haare. Kotzen finde ich zwar echt blöd, das sage ich Anne aber nicht. Im Gegenteil, ich bemitleide sie. Beruhige sie. Küsse sie. Kotzt Schatz, kriegt er wenig Mitleid, ganz sicher keinen Kuss und strengste Quarantäne. Beim Essen und Schlafen hat Schatz leider auch die schlechteren Karten. Während ich ihm beim Essen kalorienzählend über die Schulter linse, empfinde ich bei meiner Kleinen tiefe Zufriedenheit nach jedem komplett gelehrten Fläschchen. Und IHRE Speckröllchen sind super! Schläft sie, spüle ich schnell die dreckigen Fläschchen und fege durch die Wohnung. Nickt Schatz nachmittags auf dem Sofa weg... Na, in der Zeit hätte er doch kurz seinen Dyson durch die Bude schieben können!!!! Also, liebe Babys, genießt eure ersten Monate, denn der Ernst des Lebens beginnt dann, wenn die Mama auch bei euch in den Papa-Modus wechselt...
Mama schläft heute länger
So ein Neugeborenes braucht ja eigentlich nicht viel. So auch Anne. Sie ist zufrieden, wenn sie satt ist und eine frische Windel am Po hat. Das heißt: Füttern, wickeln, schlafen und das Baby ist glücklich. Kriegt jeder hin, sollte man denken. Vor allem beim zweiten Kind. Dazu kann ich sagen: Nein! Kriegt nicht jeder hin. Schatz, zum Beispiel, kriegt’s nicht hin. Das erste Mal, seit ich nicht mehr stille, darf ich ausschlafen. Das hat Schatz vorgeschlagen. "Ich krieg das schon hin", sagt Schatz. "Kein Problem!" Das finde ich äußerst nett von Schatz. Nach meinem Alle-drei-Stunden-Abpumpmarathon kann ich ein bisschen Schlaf wirklich gebrauchen. Pünktlich um sechs Uhr morgens meldet sich Anne zu Wort und versucht, ein freundliches "Ich hätte da ein kleines Hüngerchen. Könnte mir bitte jemand der Anwesenden ein Frühstück zubereiten?" zu formulieren. Sie schreit. Schatz hört sie zuerst nicht. Er ist absolut auf den Weckton seines Handys konditioniert und das hört sich irgendwie anders an. Leiser. Anne schreit also zu laut. Das kann Schatz gar nicht hören. Da darf man ihm keinen Vorwurf machen... Ich wecke ihn also leise und vorsichtig auf, lege die Kleine neben mich und bitte ihn, ein Fläschchen zuzubereiten. Als er nach einer halben Stunde noch immer nicht zurück im Schlafzimmer ist, mache ich mir Sorgen. Liegt er schlafend in der Küche? Ich mache mich auf, ihn zu suchen. Ich finde ihn in der Küche. Nicht schlafend. Aber fast. Er steht mit müdem Blick vor dem mit Wasser gefüllten Fläschchen und starrt es an. Auf meine Frage, was er denn da mache, entgegnet er: "Ich warte, bis das Wasser abgekühlt ist." Er sei der Ansicht, dass dieses noch nicht die optimale Temperatur von 40 Grad erreicht habe. Da hat er sicherlich Recht. Das Wasser, das er vor einer halben Stunde frisch abgekocht aus dem Wasserkocher in die Flasche gefüllt hat, ist zu heiß. Das Wasser, das ich am Abend zuvor in eine Thermoskanne gefüllt habe, kommt der Optimal-Temperatur aber doch sehr nahe... Ok, das nächste Mal weiß er das. Als Annes Frühstück fertig ist, ruft mir Schatz freundlich zu, dass ich ihm das Baby jetzt bringen kann. Also, wieder raus aus dem Bett und dem Mann das Kind in korrekter Position in den Arm gelegt. Alleine traut er sich das nicht zu, was er mir in einem mit sorgfältig ausgewählten Argumenten ("nicht das der Kopf nach hinten kippt, wenn ich einen Arm oder ein Bein einklemme, wird die Blutzufuhr gekappt, ich muss zu Beginn des Fütterns in optimaler Position auf dem Sofa sitzen...") gespickten Monolog erklärt. Auf meine Frage, wie ich das wohl alles alleine hingekriegt habe, als er krankheitsbedingt ausgefallen ist, hat er nur ein bewunderndes Lächeln übrig - keine Antwort. Nachdem Schatz mir versichert hat, dass jetzt alles perfekt ist und er mit Füttern loslegen kann, mache ich mich wieder auf den Weg zurück ins Bett. Endlich schlafen! Für 15 Minuten. Ein Hilfeschrei aus dem Wohnzimmer reißt mich aus meinen noch jungen Träumen. Schatz sitzt verwirrt auf dem Sofa. Seine Schulter ist überzogen mit weißer Flüssigkeit. Anne hat ihn gestempelt. Und was soll ich jetzt tun? Ihn umziehen? Duschen? Warum muss ich ins Wohnzimmer kommen? Wie kann ich jetzt helfen, zum Teufel? ICH WILL SCHLAFEN!!!!! So, wie es mir versprochen wurde! Die Antwort auf all meine Fragen kommt prompt. "Nimm mir doch bitte das Kind ab, ich muss mich umziehen." Oh Mann! Gehe ich denn den ganzen Tag im Schlafanzug durch die Welt, weil ich mich ja nicht umziehen kann? Ist es denn im Leben einfach so, dass man sich bewundernd zuraunt, wenn eine Frau im Schlafanzug im Supermarkt unterwegs ist? "Oh, sieh dir das an, da ist eine Mutter." Die multitaskingfähigen unter uns Mamas tragen stolz ihren Morgenmantel in der Metzgerei zur Schau. Wofür haben wir einen Laufstall und eine Wippe? Gut, es hilft ja alles Lamentieren nix. Ich nehme Anne an mich, das sich meine morgendliche Unterstützung frisch einkleiden kann. Und wo er schon so dabei ist, putzt er sich auch noch gleich die Zähne (das machen wir Mütter ja auch nicht mehr mit Geburt des ersten Kindes, daher auch der Satz "Jedes Kind kostet die Mutter einen Zahn"). Nach 20 Minuten ist er erfrischt und gut gekleidet zurück. Kindsübergabe. Gute Nacht! Um halb Acht morgens. Ich träume gerade süß und selig vor mich hin, als mich Emma aufweckt. Die Große macht sich Sorgen. Um Anne. Warum? Die stinke so, und am Pulli hinten sei ein großer brauner Fleck, der sich den ganzen Rücken hochziehe. Scheiße!!! Im übertragenen und realen Sinn. Scheiße um Acht, um genau zu sein. Schatz sitzt mit angeekeltem Gesichtsausdruck auf dem Sofa. In exakt derselben Position, wie vor einer halben Stunde. Nur ohne Fläschchen in der Hand. Irgendwie muss er es ohne meine Hilfe geschafft haben, dieses auf dem Couchtisch abzustellen. Respekt! Anne hat, wie er vermute, in die Windel gemacht. Wie er doch die Situation sofort und messerscharf erfasst hat! Ich spare mir die Frage, warum er nicht gewickelt hat. Dafür hätte er ja seine Position verändern müssen. Und dieses Risiko wollte er sicher nicht eingehen, in Anbetracht der vorher schon beschriebenen Gefahren. Ich nehme ihm das bis zu Hals eingekotete Kind ab. Die Frage, ob er wickeln möchte, spare ich mir auch. Nicht, dass er sich anschließend wieder umziehen muss... Als Anne frisch gewickelt und glücklich in ihrem Laufstall liegt und schläft, meint Schatz, ich könne mich jetzt wieder ins Bett legen. Ich lehne dankend ab. Nicht auszudenken, was passiert, wenn das Baby wieder aufwacht...
Drei Stunden - halbnackt
Ok. Der Piranha hat gewonnen. Ich pumpe ab. Im Drei-Stunden-Rhythmus. Und das ist langfristig nicht praktikabel. Drei Stunden sind ein verdammt enges Zeitfenster. Eine halbe Stunde spiele ich die Milchkuh und hänge an der Pumpe, wobei nebenher meine komplette Würde auf der Strecke bleibt - so empfinde ich das zumindest, wenn ich oben ohne auf dem Sofa sitze und eine Maschine mir quietschend die Milch aus dem Körper saugt. Überhaupt habe ich das Gefühl, dass ich nur noch halbnackt unterwegs bin... Die nächste halbe Stunde sitze ich auf dem Sofa und kühle. Mit Quark, mit Coolpack oder mit geeisten Windeln, da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Entwürdigend ist alles. Anschließend verfüttere ich dem Piranha, was aus mir rausgepumpt wurde. Der kann zwar feste zubeißen, ist aber beim Trinken in gemäßigtem Tempo an der Flasche unterwegs. Eine weitere halbe Stunde geht ins Land - mindestens. Übrig bleibt: Eine satte und zufriedene Anne. Mit einer vollen Windel. Wickeln. Zehn Minuten. Aber nur, wenn alles glatt läuft. Bei Fäkal-Unfällen aller Art kann ich locker noch mal zehn Minuten draufrechnen. Neben dem glücklichen Kind im Bett (ja, in meinem Bett..) sind da anschließend noch ein Fläschchen und diverse Pumpen-Utensilien - alles dreckig. Für Spülen und Auskochen geht eine weitere halbe Stunde meiner (in Anbetracht der Pump-Abstände) sehr wertvollen Zeit flöten. Uff, geschafft, jetzt habe ich noch eine dreiviertel Stunde Freizeit. Was fange ich damit nur an? Bei Nacht ist Schlafen eine gute Idee. Bei Tag habe ich mehrere Alternativen. Ich könnte die Wohnung aufräumen, Staub saugen, wischen, Bad putzen, mich kurz mit meinem großen Kind unterhalten oder duschen. Ein Ausflug! Ein Ausflug wäre spitze. Ich weiß, was wir machen. Emma, Anne und ich gehen aus! Zu Edeka. Das wird schön. Wir haben dort sogar eine ganze viertel Stunde Zeit zu shoppen, wenn ich die Fahrtzeit miteinbeziehe und mir noch zehn Minuten zum ein- und ausladen der Kinder und Einkäufe gebe. Alle sind fertig, es kann losgehen. Emma hat allerdings noch einen wertvollen Hinweis für mich: "Mama, du bist noch oben ohne! Gehst Du jetzt auch halbnackt einkaufen?"
Das Tier im Baby
Bis zur Geburt glaubten wir ja alle, dass wir einen Koala erwarten. Zumindest hat das die große Schwester Emma beim Blick aufs erste Ultraschallfoto vermutet. Jetzt sind wir da nicht mehr so sicher. Was sicher ist: Es ist ein gesundes, süßes Baby mit einer schwarzen Matte auf dem Kopf, deren Anblick Kojak vor Neid erblassen ließe. Bereits beim ersten Kennenlernen werden deswegen Vergleiche mit Mecki laut. Ein Igel also? Die Hebamme sieht das anders. Sie spricht von einem Piranha. Warum? Das frage ich mich auch. Nach zwei Tagen stillen weiß ich es. Wenn die Brustwarzen bluten, dann muss da wohl ein Piranha zugange gewesen sein. Aua! Doch Anne lässt sich nicht festlegen: Sie schläft wie ein Murmeltier, schreit wie ein Brüllaffe, wenn sie hungrig ist, schnarcht wie ein Löwe, schielt wie Heidi, das Opossum, das aufgrund seiner Sehbehinderung zum Weltstar wurde, pupst wie TomTom, der Boxer meiner Eltern, nach einem Eiertag und ruft aus ihrem Laufstall, wie ein Delfin, der seine Kumpels sucht. Diese doch sehr üppige Auswahl kann ich jedoch etwas einschränken. Sie ist ganz sicher ein Säugetier. Das stellt sie jeden Tag eindrücklich unter Beweis. Dann fallen weg... Ähem. Ja: Der Piranha. Ok, da bleibt noch eine stattliche Auswahl stehen. Wir werden sehen, wie sie sich weiter entwickelt. Vielleicht wird sie sich ja am Ende doch noch zu einer schönen Gazelle mausern...
Wochenbettstress
Ich werde gar nix tun. Ich werde nur mit meinem neuen Baby im Bett liegen. Füttern und kuscheln und schlafen. Vielleicht mal ein Abstecher zur Wickelkommode. Wer mich in den ersten beiden Wochen nach meiner Heimkehr sprechen möchte, der soll sich bitte an meine Bettkante begeben. Da halte ich es, wie einst John Lennon und Yoko Ono. Mann und Erstgeborene dürfen gerne zum Kuscheln einsteigen. Aber ich werde mein "Wochen"-Bett nicht verlassen. Mein Essen hätte ich gerne auf einem kleinen Tablett geliefert. Ein entspannendes Bad zwischendurch, ok. Da lasse ich mit mir reden. Da komme ich ins Badezimmer. Schwer heben soll man ja nach so einer Geburt auch nicht. "Schatz", werde ich rufen, "Schatz, das musst du erledigen, ich kann nicht, ich befinde mich im Wochenbett!" Bei allem, auch wenn es nix Schweres zu heben gibt. Schatz hat Urlaub genommen. Schatz wird seinen tollen Dyson-Staubsauger noch zwei Wochen selbst durch die Wohnung schieben müssen. Denn ich bin ja Wöchnerin. Schatz wird sich auch mit einem Geschwisterkind auseinandersetzen müssen, das gerade austestet, wie weit es gehen kann, bis es so richtig knallt. Denn ich... Ihr wisst schon. Das, genau das, war mein lange gehegter Plan. So, genau so, sollte es laufen im Wochenbett! So habe ich mir meine ersten zwei Wochen zu Hause vorgestellt.
Leider kommt es völlig anders. Denn Schatz entpuppt sich einen Tag nach meiner Heimkehr als Totalausfall. Schatz wird von einer besonders schweren Angina heimgesucht. Schatz kann nur im Bett liegen, erhält sein Essen auf einem kleinen Tablett. Schatz wird erst wegen Ansteckungsgefahr zu seiner Oma ausquartiert und landet am Ende im Krankenhaus. Mandel-OP. Danach darf Schatz gar nix tun. Gar nix! Nicht heben, sich nicht aufregen, keinen Kaffee trinken. Nicht, dass es zu einer Nachblutung kommt. Das ist bei Erwachsenen echt gefährlich. Schatz darf eigentlich nur atmen. Super! Und mein Plan? Nur so viel: An füttern, wickeln, staubsaugen und ein anstrengendes Geschwisterkind kann ich mich sehr gut erinnern. Mein Bett habe ich in dieser Zeit allerdings immer nur sehr kurz besucht. An Schlaf kann ich mich nahezu gar nicht erinnern...
Dürfen wir vorstellen, das App-Baby Anne ist da!
Pause für Mama und den Koala
So meine Lieben. Das war's fürs erste von meiner Seite. Ich verabschiede mich jetzt mal galant in die Babypause und bringe in Ruhe und mit allen Hilfen, die die moderne Medizin mir bietet, meinen Koala zur Welt. Es hat mir riesigen Spaß gemacht, diesen Blog zu schreiben und ich hoffe, es hat euch allen genauso viel Spaß gemacht, ihn zu lesen. In gewisser Weise war der Blog meine Therapie. Denn in keinem Lebensabschnitt begegnet man so vielen schrägen Typen und erfährt alles von deren Problemchen (Danke für den Schreibstoff, Nummer eins, zwei und drei), muss man so viele unangenehme körperliche Veränderungen ertragen (Wassereinlagerungen, bis die Socke platzt), folgt man so bedingungslos seinen Instinkten (Schokoladeneis! Jetzt! Toilette! Jetzt! – ihr wisst, was ich meine) und in keinem anderen Lebensabschnitt beschwert sich kein Mensch über all die Veränderungen, die die Schwangere manchmal zu einem anderen, oftmals beängstigenden Wesen mutieren lassen. Das traut sich keiner! Aus gutem Grund. Denn von einem Weinkrampf bis zu Handgreiflichkeiten muss mit den vielfältigsten Reaktionen gerechnet werden. Also, was lernen wir Frauen daraus? Lebt eure Emotionen während der Kugelzeit aus. Lasst die Sau raus, eure Männer Staub saugen und bestellt euch nachts um drei eine Pizza, wenn euch danach ist (natürlich beim Gatten, der Pizza-Service hat ja um diese Uhrzeit schon zu). Aber vergesst eins nicht: Verschont eure Umgebung mit allen Details, die eure untere Körperhälfte betreffen. Das will keiner hören. Die Leute trauen sich nur nicht, euch das zu sagen, weil sie Angst vor einem hormonell gesteuerten Wutausbruch haben. Ansonsten muss ich abschließend noch klarstellen, dass für mich die Schwangerschaft nicht „die schönste Zeit in meinem Leben“ war, wie sie von vielen Frauen betitelt wird. Ich hatte schon schönere Zeiten! Gott sei Dank! Eine gute Freundin hat in einer philosophischen Minute folgendes gesagt: „Das erste Drittel der Schwangerschaft fühlt sich an wie ein viel zu langer, böser Kater – nur ohne Alkohol. Das zweite Drittel ist ganz in Ordnung. Und das letzte Drittel ist ein langer Alptraum, in dem man genau die gleichen Beschwerden hat, wie die nette 80-jährige Oma von Nebenan.“ In diesem Sinne, haut rein, traut euch und steht diese 40 beschwerlichen Wochen durch, denn: Babys sind das Allerschönste, was die Welt zu bieten hat!!!!!
So ein Baby ist teuer
Man soll bei der Entscheidung, ob man ein Baby möchte, nicht an erster Stelle finanzielle Aspekte anführen. So ein kleines Wesen bereichert. Immer. Emotional. Aber ehrlicherweise muss auch gesagt sein, dass sowohl die werdende Mama als auch der Herr Vater bereits während der Schwangerschaft zu erhöhten Ausgaben neigen. Allerdings in völlig verschiedenen Bereichen. Zumindest bei uns ist das so. Ich gebe immer Geld zum Wohle des Babys aus. Mein Mann greift eher tief ins Portemonnaie, um das Umfeld zu verbessern. Zu seinem Vorteil. Doch dazu später mehr.
Seit langer Zeit schwirrt mir die Erstausstattung des Koalas durch den Kopf. Dazu ist vorab zu sagen, dass wir umziehen werden, wenn der Koala ein halbes Jahr alt ist. Deshalb hat dieses arme Kind kein eigenes Zimmer. Das finde ich schlimm. Mein Mann nicht. Und wenn er mich fragt, was das Baby, meiner Meinung nach, in seinem ersten halben Lebensjahr in seinem Zimmer tun soll, weiß ich keine Antwort. Hausaufgaben? Nein. Puzzeln? Nein. In Ruhe eine CD hören? Vielleicht. Nein. Ist ja gut! Ich habe verstanden! Es braucht kein Zimmer! Ich find's trotzdem schlimm, dass es keins hat. Basta! Ja, so sind Schwangere. Deshalb versuche ich das „Zimmerdefizit“ mit einer perfekten Erstausstattung auszugleichen. Ich habe alles in Größe 56 und 62. Man weiß ja nicht, wie groß das Kleine ist. Und mit alles, meine ich wirklich alles. Der Koala kommt im Winter zur Welt. Könnte aber auch im Sommer kommen. Kleidertechnisch bin ich auf einen Februar mit Temperaturen zwischen -20°C bis +30°C eingestellt. Die Erderwärmung mag kommenden Winter viele auf dem falschen Fuß erwischen. Mich nicht. Ich habe sowohl eine neue Matratze fürs Beistellbett (ja, das arme Kind hat doch kein eigenes Zimmer!) als auch einen neuen Schlafsack gekauft. Nix besonderes. Doch, denn ich habe alles schon. Von Freundinnen geliehen oder noch von meiner Großen. Aber der Koala soll doch auch was Eigenes haben. Wo doch schon kein eigenes Zimmer bereit steht... Mein Mann erträgt meine Mitleids-Kauf-Orgien mit stoischer Ruhe. Er hat nämlich ganz andere Sorgen. Seit einiger Zeit erst. Genau genommen, seit mich mein Ischias-Nerv dazu zwingt, meinen Mann zum Staubsaugen zu zwingen. Das ist hart für ihn. Vor allem mit dem ihm zur Verfügung stehenden Arbeitsgerät. Einem Miele-Staubsauger. Dem Miele-Staubsauger, mit dem ich seit zehn Jahren durch drei gemeinsame Wohnungen putze. Ohne Probleme. Mein Mann kann mit diesem treuen Begleiter nicht arbeiten. Warum genau? Kann er mir nicht sagen. Das Ding saugt den Dreck einfach nicht so ein, wie er sich das vorstellt. Und dann dieses lästige Beutel wechseln. Pfui! Drei Wochen höre ich mir das Staubsauger-Geheule an. Na ja, vielleicht auch nur eineinhalb Wochen, dann schalte ich auf Durchzug. Da passiert es. Er lotst die ganze Familie unter dem Vorwand, dass der Koala noch ein Babyfon braucht, in einen großen Elektronikmarkt. Ich bin natürlich gleich dabei, denn das Kleine braucht dringend so ein Babyfon, es hat schließlich kein eigenes Zimmer. Doch während ich mich genauestens über Strahlungsintensität und die Features dieser Dinger informiere, ist mein Mann verschwunden. Als ich eine Kaufentscheidung getroffen habe, mache ich mich auf die Suche. Und finde ihn. In der Staubsaugerabteilung. Seine Kaufentscheidung ist ebenfalls bereits gefallen. Er hat sich für ein englisches Modell entschieden. Das, ohne Saugkraftverlust. Das, für das ich mir fünf Miele-Staubsauger kaufen kann. Fazit: Mein Mann hat mit einem Schlag alle meine unnützen Käufe kompensiert. Und für alle Schwangeren, die sich ein größeres Auto wünschen. Tretet euren Kleinwagen unter Vortäuschung von Schmerzen an eure Männer ab. Vielleicht kaufen sie euch dann einen Bus. Ich jedenfalls werde nach der Geburt mit meinem neuen Luxus-Staubsauger durch die Wohnung fegen.
Die Reise ins Ich
Entspannungsübungen scheinen für schwangere Frauen zum Leben zu gehören, wie die Gewichtszunahme. In jedem Geburtsvorbereitungskurs wird entspannt bis zur völligen Erschöpfung. Aber warum muss das immer mit einer Fantasie-Reise verbunden sein? Kann ich nicht einfach im Raum bleiben und ein bisschen Musik (und damit meine ich Musik, keine zusammenhanglosen Klänge!) hören? Was Ins-Ohr-Gängiges. Vielleicht etwas ruhiges von Elton John oder Tanita Tikaram. Von mir aus auch ein Hörbuch. Es muss ja nicht unbedingt „Das Kind“ von Sebastian Fitzek sein – obwohl der Titel thematisch gut in einen Geburtsvorbereitungskurs passt – wir wollen ja keine Wehen auslösen. Aber „Glück kommt selten allein“ von Hirschhausen fände ich passend. Vor allem, wenn Zwillingsmamas im Kurs sind. Stattdessen liege ich in einem Raum auf dem Boden herum. Nicht fähig eine einigermaßen bequeme Position einzunehmen. Und dann muss ich mich entspannen. Allein dass verspannt mich. Dieses Müssen. „Schließe die Augen, und gehe zuerst in Ruhe durch deinen Körper“, lautet die Anweisung. Ok. Die Augen schließen kann ich nicht, wenn noch acht mehr oder weniger Fremde (von Nummer drei weiß ich zwar mehr als mir lieb ist, seit heute sogar von ihrer Inkontinenz, aber sie ist mir trotzdem fremd) mit mir im Raum liegen. Das ist tief in mir verwurzelt, seit mir einmal im Freibad der Geldbeutel geklaut wurde. Kann ich nix für. Ist so, wird immer so sein. Auf die Reise durch meinen Körper kann ich auch nicht so richtig gehen. Erstens bräuchte ich da die genauen Koordinaten des Reisestartpunkts und zweitens ist mein Körper momentan kein schönes Reiseziel, wie ich finde. Er ähnelt der Mecklenburgischen Seeplatte kurz nach der Wende. Überall Wasser und die Sehenswürdigkeiten gehören mal wieder ordentlich renoviert. Ich befürchte auch, ich brauche genau so lange wie die Seenplatte, um wieder ein schönes Reiseziel zu werden, aber das nur am Rande. Nachdem alle außer mir ihren Körper ausreichend bereist haben, verlassen wir nicht nur unser ich, sondern gleich das ganze Gebäude zu meditativen Ding-Dong-Doria-Geräuschen. „Wir kennen die Umgebung gut“, heißt es. Das ist richtig. „Die ganzen Geschäfte entlang der Einkaufsstraße vor der Türe.“ Was? Einkaufsstraße? Geschäfte? Wir befinden uns in einem Gebäude an einer Straße, ja. Gegenüber ist das Deutsche Rote Kreuz und ein Bioladen. Das war's. Unter einer Einkaufsstraße mit Geschäften verstehe ich etwas anderes. Nummer drei schnarcht. Die hat sich recht schnell entspannt. Hoffentlich drückt nix aufs inkontinente Bläschen. Alle, die noch wach sind, gehen weiter. „Nach 200 Metern rechts über eine Brücke zum Bach.“ Ok, ich habe eine Rechts-Links-Schwäche. Aber wenn ich in 200 Metern rechts gehe, gibt es da höchstens eine Brücke ins Jenseits: die vielbefahrene Hauptstraße. Gedanklich stehe ich an der Ampel. Nicht am Bach. Dort soll ich jetzt „ein Schiffchen falten und mit meinen Sorgen beladen“. Brauche ich für ein Schiffchen ein quadratisches Stück Papier oder ein Rechteck? Während ich mich gedanklich ordentlich verfalte, laden die anderen bestimmt schon ihre Sorgen in ihre Schiffchen. Meine einzige Sorge ist momentan auch nur dieses verflixte Schiff! Ich bin in einem Meditationsteufelskreis gefangen. Ohne Schiffchen werde ich meine Schiffchen-Sorge nicht los! Fazit: Ich bin die einzige, die aus der Meditation mit einer Sorge mehr herausgeht. Super! Das nenne ich eine gelungene Entspannung! Gott sei Dank kann mir Kurs-Nesthäkchen, Maggie, weiterhelfen. Sie weiß nämlich, wie man ein Schiffchen faltet. Schließlich ist bei ihr der Kindergarten auch noch nicht so lange her, wie bei mir.
Ein zehnfaches „Danke!“ an die Streber-Schwangere
Es gibt Streber in der Schule, es gibt Streber in der Fahrschule, es gibt Streber bei der Arbeit. Dass es Streber unter Schwangeren gibt, ist für mich neu. Und doch, ich habe welche kennengelernt. Das Streberdasein dieser Schwangerenspezies beginnt quasi mit dem Tag der Empfängnis. Da geht die Streberin nämlich los und kauft ein Öl gegen Dehnungsstreifen, das sie ab diesem Zeitpunkt täglich zwei Mal anwenden wird. Mit Zupfmassage. Scheißegal, ob überhaupt schon etwas gedehnt wird oder nicht. Bis zum ersten Ansatz eines Minibäuchleins hat sie sich schon drei Flaschen in die Bauchdecke gerieben. Vermutlich hat sie sich einen Ölteppich aufs Fruchtwasser gepflegt. Die Industrie sagt „Danke!“. Danke, zum Ersten. Glaubt sie dann endlich, einen kleinen Babybauch anzusetzen, greift sie nicht zur weiten Stretchhose aus ihrem Schrank. Nein, sie rennt in die Schwangerschaftskleiderabteilung aller namhaften Bekleidungshäuser und deckt sich ein. Von der dehnbaren Unterhose über den Still-BH (dass die Dinger auch wissen, dass sie gefälligst Milch zu geben haben, oder warum jetzt schon?), diversen Hosen, Oberteilen, Basics (liebe Männer, ihr wisst nicht, was Basics sind? Lasst es euch von euren Frauen erklären, das würde hier jetzt zu weit führen) bis hin zu einigen schicken Teilen (man weiß ja nicht, wo frau so eingeladen ist, während der Tragezeit). Da nun – bedingt durch die Zeitspanne, die eine Schwangerschaft naturgemäß in Anspruch nimmt – meist drei Jahreszeiten schwanger durchlebt werden, wird die Streberin diesen Einkleidungsprozess mindestens zwei Mal knallhart durchziehen müssen. Es kann auch passieren, dass sie öfters ran muss, weil durch eine kleine Gewichtsexplosion das Schwangerschaftsunterhöschen zwickt. Der Still-BH wird auf jeden Fall noch vor der Geburt ersetzt werden müssen. Lange, bevor die erste Milch geflossen ist (Erfahrungswert der Autorin). Er war also eigentlich nur ein BH. Die Industrie sagt „Danke!“. Danke, zum Zweiten. Ist die Schwangere selbst ihrer Meinung nach kurzzeitig gut gerüstet, wir sich um das Baby gekümmert. Im vierten Monat kauft sie eine kleine Auswahl an CDs für das Kleine: Mozart, REM, Deep Purple, Kastelruther Spatzen und Helene Fischer (man kennt ja den Geschmack des Babys noch nicht, also besser auf Nummer sicher gehen). Dass das Ungeborene zu diesem Zeitpunkt noch gar nix hört, ist ihr egal. Das Kind ist somit jedoch glücklicherweise noch durch Taubheit geschützt, wenn Mama beginnt, es mit den neu gekauften Kopfhörern über die frisch geölte Bauchdecke unterm Umstandshöschen mit sämtlichen Musikrichtungen zu beschallen, die die Welt außerhalb des Babybauchs hergibt. Auch der Ehemann kann verwundert sein, wenn er seine Frau unter der neuen Spieluhr liegen sieht. „Damit das Kleine dann eine vertraute Melodie hat, wenn es auf die Welt kommt“, lautet die Erklärung. Eine vertraute Melodie?!?! Also eine, außer den 626 in Mozarts Köchelverzeichnis geführten Werken und den anderen Interpreten. Nur zur Erinnerung: Das Kind hört nix! Die Industrie sagt „Danke! Danke! Danke!“. Danke, zum Dritten, Vierten und Fünften (die Spieluhr gibt noch vor der Geburt den Geist auf oder Mami verlegt das Ding in einem Nestbauanfall mit Schwangerschaftsdemenz). Im siebten Monat besucht die Streberin dann sämtliche Schwangerschafts-Kurse, die die Heimatstadt hergibt. Yoga, Gymnastik, Schwimmen, Tiefenentspannung und natürlich: Bauchtanz. Davon profitieren gleich drei. Erstens das Baby, weil Mami abends zu müde ist, um es noch mit Musik zu beschallen. Jetzt würde es die Mucke nämlich hören. Zweitens Papa, weil dem das Spieluhrenlied nach der Arbeit erspart bleibt – Mama ist schon eine Stunde vor seinem Feierabend unter der Uhr eingeschlafen. Und natürlich: die Industrie. Schließlich braucht es für jede Aktivität das richtige Outfit. Und wer sich schon einmal schlau gemacht hat, was so ein Umstandsbadeanzug kostet, der weiß, warum die Industrie sehr laut „Danke!“ sagt. Danke, zum sechsten. Kurz vor der Niederkunft dreht die Streberin dann komplett auf. Himbeerblättertee, Chai-Tee mit viel Zimt, Zimt-Schnecken, Damm-Massage-Öl (sorry, das musste sein), drei gepackte Klinikkoffer – jeweils, für sie und das Baby (falls sie von zweien nicht mehr weiß, wo sie die abgestellt hat) und allabendliche Atemübungen. Damit bringt sie ihren Körper so völlig durcheinander, dass der denkt, das Kleine ist schon geboren. Was tut er? Er produziert Milch. Was braucht die Schwangere demnach? Richtig. Einen neuen BH und Stilleinlagen. Und was sagt die Industrie zu diesem beachtlichen Endspurt? Ein vierfaches „Danke!“. Danke, zum Zehnten.
Erholung in den Bergen
So ein Urlaub in den Bergen ist doch etwas Schönes, Erholsames. Gute Luft. Freundliche Menschen. Zünftige Mahlzeiten. Meistens. Und doch, es gibt Ausnahmen. Hochschwanger in die Berge reisen. Das kann man sich beispielsweise getrost sparen. Ich hab’s getestet. Berchtesgadener Land. Tolle Gegend. Viele Sehenswürdigkeiten. Ich war da. Hochschwanger. Es war nur mäßig erholsam. Aber vielleicht liegt’s ja auch an meinem Programm. Am ersten von eineinhalb Urlaubstagen steht der Obersalzberg auf dem Programm. Dokumentation über Hitlers Berghof und das Dritte Reich im Allgemeinen. Anschließend Besichtigung des Bunkersystems, das sich wie Maulwurfsgänge durch den Berg zieht. Danach: Fahrt mit Bus und Felsaufzug ins Kehlsteinhaus. Alles ohne Kind, das ist mit Freunden unterwegs am Königssee. Mein Mann und ich freuen uns auf eine spannende Reise in die Vergangenheit voller Informationen und neuen Eindrücken. Hätte ich vorher auch nur einmal meine momentane Konstitution ehrlich reflektiert, wäre ich mit den anderen zum Königssee gefahren. Nichtschwanger bin ich nicht schwindelfrei, mag keine engen Räume und fühle mich mit zu vielen Artgenossen auf engem Raum nur bedingt wohl. Schwangerer Zustand: Man potenziere meine Alltagsängste mit vier. Ach, und seit ich schwanger bin, bin ich extrem mitfühlend, nah am Wasser gebaut und reagiere nahezu hysterisch auf Ungerechtigkeiten. Nun ja. Dass da der Besuch einer Dokumentation über das Dritte Reich nicht die beste Idee ist, hätte ich vorher wissen können. Eigentlich heule ich mich durch die Ausstellung, weil alles was ich dort sehe, entweder erschreckend, ungerecht oder traurig ist. Im Bunker sind Gott sei Dank keine Infotafeln, die mir das Gesicht fluten. Dafür ist es dort dunkel, stickig und eng. Ich bin kurz vor dem Kollaps und froh, als ich wieder raus bin. Auf geht’s zum nächsten Ich-konfrontiere-mich-mit-meinen-Ängsten-Programmpunkt. Bei der Fahrt mit dem Bus zum Kehlsteinhaus auf über 1800 Meter Höhe widme ich mich ausgiebig meiner Höhenangst. „Wenn sie sich nach rechts wenden, sehen sie, bei guter Sicht, den Königssee im Tal liegen“, informiert der freundliche Busfahrer. Na herzlichen Dank! Ich muss mich nicht nach rechts wenden. Ich sitze rechts außen. Gefühlt 1200 Meter hoch – direkt über dem Königssee. Schweißgebadet reiche ich meinem Mann die Hand, nur zur Sicherheit. Dass ich nicht abstürze. Raus aus dem Bus geht der Alptraum in die nächste Runde. Durch den Tunnel in einen Aufzug mit rund 30 Fremden, von denen sich dann auch noch fünf an mir vorbei drängeln. Vielleicht hoffen sie auf den besten Platz im Aufzug?!?!? Muss ich dazu was sagen? Dunkel, eng, stickig und ungerecht (die Drängler). Ich stehe kurz davor, völlig außer Kontrolle zu geraten. Und das ist in meinem Zustand nicht lustig. Zumindest nicht für diejenigen, die sich in einem Radius von fünf Metern um mich befinden. Und das sind in diesem Aufzug alle! Doch nur einer erkennt die Gefahr an den veränderten Gesichtszügen seiner Frau. Mein Mann. Er startet einen verzweifelten Beruhigungsversuch: „Schatz, wir haben schon 100 Meter Höhe geschafft.“ Oh mein Gott!!!! Ich hänge 100 Meter hoch im Fels!!!! Wenn wir jetzt stecken bleiben... Pling! Die Türe geht auf. 124 Meter geschafft. Endstation. Ich bahne mir meinen Weg nach draußen. Wie eine Lawine. Hinterlasse eine Schneise zwischen meinen verdutzen „Mitfahrern“. Auf der Terrasse angekommen atme ich auf. Vergesse, dass ich auf über 1820 Metern Höhe in meinem Zustand eigentlich gar nicht sein sollte. Sauerstoffmangel hat für mich nach meinen bisherigen Erlebnissen des Tages rein gar nix mehr mit Höhe zu tun. Ich sehe auch nicht den beachtlichen Abhang, der sich an jedem Ende der Terrasse in die Tiefe stürzt. Am Tisch sehe ich später nur meinen Belohnungs-Schweinebraten. Ich habe völlig ausgeblendet, in welch schwindelerregender Höhe ich mich befinde. Vielleicht habe ich ja meine Höhenangst besiegt? Den ultimativen Test, ob ich das an jenem denkwürdigen Tag wirklich geschafft habe, werde ich jedoch auf nach der Niederkunft verschieben. Meinem Mann zuliebe.
Geburtsvorbereitung mit Tochter, Schwester und Neffe
So ein Geburtsvorbereitungskurs bietet Stoff für mehrere Blogs. Bereits die Vorstellungsrunde hatte für mich ein besonderes Schmankerl parat. Die Grundidee der Hebamme fand ich super. Nach einem kurzen Gespräch mit der Nachbarschwangeren stellt man sich gegenseitig vor. Da wusste ich allerdings noch nix über meine Nebensitzerin. Und eine Information sollte mich in kürzester Zeit in eine recht eigenwillige Kopfkino-Sequenz katapultieren. Die Info lautete: "Hallo, ich bin die Maggie (die war's noch nicht), ich erwarte mein erstes Baby (die auch nicht) und ich bin 18 Jahre alt (Bang!!!!!). Ab "ich bin 18 Jahre alt" konnte ich leider keine Infos mehr über Maggie aufnehmen. 18! Gott, das ist ja noch ein Kind! 18! (Ist sie natürlich nicht! Sie ist kein Kind mehr! Und ich weiß, dass sie eine tolle Mama wird!) Aber meine Gedanken spielen hormonbedingt verrückt. Hätte ich mit 18 ein Baby bekommen, liebe Maggie, dann könntest das jetzt du sein! Das wäre familiär betrachtet hochinteressant, weil dann Mama (ich), Tochter (Maggie), Onkel/Tante bzw. Bruder/Schwester (mein Koala) und – als Maggies Kind, kumuliert in einer Person – Enkel/in und Neffe/Nichte alle irgendwie den selben Geburtsvorbereitungskurs besuchten. Mein Kleines könnte später einmal stolz erzählen, dass sein/e Neffe/Nichte drei Wochen älter ist und sie beide von der gleichen Hebamme auf die Welt geholt wurden. Und wenn Maggies Baby geboren wird, werde ich Oma und Koala wird Onkel/Tante – noch ungeboren. Muss ich dann solange beide Rollen ausfüllen, bis mein Kleines auf der Welt ist und seinen verwandtschaftlichen Pflichten nachkommen kann? Die Verwandtschaft wäre allerdings nicht ganz lupenrein, denn: Groß-Maggie und Klein-Koala hätten verschiedene Väter. Wenn ich daran denke, mit wem ich im Alter von süßen 18 gerade eine Kurzzeit-Beziehung führte... Meine liebe Maggie! Ich sage nur: RTL2 wäre sicherlich an unserer Familien-Story interessiert.
Als es schließlich ans gegenseitige Vorstellen ging, wußte Maggie äußerst gut über mich Bescheid (als wäre ich ihre Mutti). In jungen Jahren ist ja auch die Hirndurchblutung noch eine ganz andere, als in meinem Alter. Ich hingegen saß da. Meine Beine und Hände waren eingeschlafen. Ich war in eine Art Kopfkino-Schockstarre gefallen und das Einschlafen sämtlicher Gliedmaßen war natürliche Folge des Bewegungsmangels – bei meinen Wassereinlagerungen. Aus mir heraus kamen die Worte: "Das ist Maggie, sie bekommt ein Baby (ach nee, wirklich?!?!) und sie ist 18." Mehr nicht. Vielleicht haben einige Kursteilnehmer etwas mehr investigative Recherche von mir erwartet. Wo Maggie ihnen doch erzählt hatte, dass ich Redakteurin bin. Allerdings hat Maggie ihnen auch berichtet, wie alt ich bin und vermutet, dass ich sicherlich die Älteste in diesem Kurs sei (damit hat sie leider Recht). Und das entschuldigt doch sicherlich meine Unwissenheit. Im Alter lässt eben das Gedächtnis ein wenig nach...
Nummer eins, zwei und drei: Bitte Ruhe!
Grundsätzlich bin ich, glaube ich, eher die Verklemmte unter den Schwangeren. Alles, was sich unter meiner Gürtellinie befindet ist – meiner Ansicht nach – meine Privatsache. Reinste Privatsache. Und darüber spreche ich nach Möglichkeit nur, wenn ich muss. Und nur mit Personen, die mir bei eventuellen Problemen in dieser Gegend weiterhelfen können. Das schränkt den Kreis meiner Gesprächspartner in dieser Hinsicht extrem ein. Genau genommen auf meine Hebamme, meine Frauenärztin und – nur sehr ungern, aber ich habe eingesehen, es geht nicht anders – diverse Klinikangestellte. Seit geraumer Zeit besuche ich nun einen Geburtsvorbereitungskurs. Sehr schwierig! Da sitzen acht extrem aufgeschlossene Schwangere im Kreis auf dem Boden. Und ich. Da geht es dann nicht nur darum, dass man als Schwangere öfters mal Pipi muss. Die Erste erzählt von ihren Problemen mit dem Stuhlgang. Ok, damit kann ich leben, aber es interessiert mich ehrlich gesagt null, ob sie kann oder nicht (zu böse? Nein!). Ich denke mir nur, warum das in dieser großen Runde besprechen? Warum nicht im persönlichen Gespräch mit der Hebamme solche Probleme lösen? Die Nächste fährt schon schwerere Geschütze auf: Sie hat Hämorrhoiden. Noch nicht eklig genug? Dann muss ich mich bei Wikipedia bedienen: "Hämorrhoiden, auch Hämorriden genannt, sind arteriovenöse Gefäßpolster, die ringförmig unter der Enddarmschleimhaut angelegt sind und dem Feinverschluss des Afters dienen. Wenn von Hämorrhoiden gesprochen wird, sind damit aber meist vergrößerte oder tiefer getretene Hämorrhoiden im Sinne eines Hämorrhoidalleidens gemeint, die Beschwerden verursachen. Diese Beschwerden sind vor allem wiederholte anale Blutungen und anales Nässen, quälender Juckreiz und Stuhlschmieren." Zitat Ende. So. Jetzt eklig genug? Davon spricht diese Frau vor acht wildfremden Menschen! Meine Frage dazu: Würde sie das auch auch tun, wenn sie nicht schwanger wäre? In einem Café. An einem Tisch mit acht Fremden. Würde sie da sagen: "Ich habe da so ein anales Nässen, quälenden Juckreiz und Stuhlschmieren. Ich wollte es nur gesagt haben, helfen könnt ihr mir ja sowieso nicht. Ich werde es dann noch mit meinem Arzt persönlich besprechen." Nein! Würde sie sicherlich nicht! Genau so wenig, wie Schwangerschaftsvorbereitungskurs-Teilnehmerin Nummer drei abends in der Kneipe bei einem Spritz acht ihr völlig fremden Kneipenbesuchern genauestens von ihrer Damm-Massage erzählen würde, mit der sie jetzt vor einer Woche begonnen hat. Ich muss mir aber anhören wie genau, wann und wo sie jetzt täglich geburtsvorbereitend – deutlich unter ihrer Gürtellinie – tätig ist. Es tut mir leid – und ich mag mit meiner Meinung auch alleine dastehen: Aber ich möchte das nicht! Ich will nix wissen von Verstopfung, analen Blutungen oder intimen Massage-Techniken meiner Mitschwangeren! Im Gegenzug behalte ich meine Beschwerden auch für mich. Lasst uns über den Ablauf einer Geburt reden (von mir aus auch mit Hilfe eines gestrickten Uterus'), darüber, wie wir Wehen veratmen, was in den Klinikkoffer muss. Sinnvolle Dinge eben. Die Hebamme versucht das wirklich. Hat aber wenig Chancen. Denn Nummer eins, zwei oder drei fällt immer irgendein ekliger Schwank aus ihrer bisherigen Schwangerschaft ein, an dem sie dann den Rest des Kurses teilhaben lassen. Also, bitte, bitte Nummer eins bis drei: Haltet euch zurück. Schraubt euer Schamgefühl wieder auf ein Vor-Schwangerschafts-Maß hoch. Und denkt stets daran. Bei Unter-der-Gürtellinie-Themen ist weniger immer mehr...
Geschmackssache
Die Geschmäcker sind verschieden. Nix Neues. Doch. Denn: Meine Geschmäcker sind neuerdings verschieden. Ich bin schizophren. Ich bin zwei Persönlichkeiten. Me and Mini-Me. Me liebte schon immer Schokolade. Mini-Me findet Schoki doof. Und was für doof befunden wird, schiebt Mini-Me mit dem Bein beharrlich Richtung Eingang zurück. Me hat dann alle Schluckmuskeln voll zu tun, dass die Schokolade im gemeinsamen Körper bleibt. So schön ein Leben mit meinem Koala sein kann, es hat eben auch Nachteile. Aber nicht nur beim Essen und Trinken (Mini-Me mag neuerdings keine Cola mehr, was Me fast in den Wahnsinn treibt) verändert sich mein Geschmack. Auch beim Fernsehen. Früher (also, so vor drei Monaten) konnten Filme für Me nicht spannend genug sein. Stieg Larsson – erst gelesen, dann gesehen –, Lund und all die anderen gruseligen skandinavischen Krimis. Ich liebte sie. Mini-Me mag keine spannenden Dinge. Egal, ob Film, Literatur oder jedwede andere Art von Aufregung. Der Koala in mir rebelliert. Mit Tritten in die unerwünschten Richtungen, erst volles Rohr nach oben und wenn die Alte dann nicht spurt, dann nochmal beherzt nach unten. Ok, ich habe verstanden (und wo ist bitte die nächste Toilette?!?!?). Me liest jetzt Komödien und schaut Inspector Barnaby – ein Kompromiss mit Mini-Me: ein Krimi zwar, aber nicht spannend. Bei einer Freundin hatte Mini-Me sogar beim Musikgeschmack die kleinen Fingerchen im Spiel. Ohne dass sie es wollte, kaufte die arme Frau CDs von Andrea Berg (sorry, liebe Andrea-Berg-Fans, aber das geht gar nicht). Und sie hörte diese Musik – zum Leid aller Mitfahrer – in ihrem Auto! Eine, wie ich finde, besonders schwerwiegende Form der Fremdbestimmung durch ein Mini-Me. Kurz vor der Geburt, schien das Mini-Me aber schwächer zu werden. Ich kann demnach alle Schwangeren, die unter dem Ich-verliere-meinen-guten-Musikgeschmack-Phänomen leiden, an dieser Stelle beruhigen. Eine Woche vor der Niederkunft eroberten die Toten Hosen das Andrea-Berg-Auto zurück.
Vom Sicherheits-Freak zur Kamikaze-Braut
„Person, die auf dem Sitz neben dem Fahrer eines Fahrzeugs mitfährt.“ So definiert Wiktionary den Begriff „Beifahrer“. „Hysterische Frau, die auf dem Autositz neben mir, mich und alle anderen Insassen des Wagens in den Wahnsinn treibt.“ So definiert mein Mann derzeit „die schwangere Ehefrau als Beifahrerin“. Dass Schwangere nicht die entspanntesten Beifahrer sind, ist nix Neues. Aber ich glaube, Schwangere, die schon vor der Schwangerschaft schlechte Beifahrer waren (also ich), sind einen Blogbeitrag wert. Dass ich als Co-Pilot ein Totalausfall bin, ist mir schon länger bewusst. Der Grund: Der Kontrollfreak in mir bahnt sich auf dem Beifahrersitz seinen Weg in die Freiheit. Schaut mein Mann vor Fahrtantritt neben sich, sieht er dort seine Frau. Gelassen lächelnd, den Ellbogen lässig im offenen Fenster. Dreht er den Zündschlüssel, mag er bemerken, dass die Ehefrau das Fenster schließt und etwas konzentrierter wirkt. In Wirklichkeit passiert aber etwas völlig anderes. Mit Starten des Motors, fokussiere ich all meine Sinne, richte mir eine imaginäre Kommandozentrale ein, in der alles kontrolliert wird: Geschwindigkeit, Drehzahl, Ölstand, Außentemperatur. Ich klappe die Sonnenblende nach unten. Auch bei Regen. So habe ich den Verkehr hinter uns im Blick. Sehe ich eine (nach meiner Einschätzung) brenzlige Situation auf uns zukommen, lasse ich das meinen Mann sofort wissen, so dass er noch genügend Zeit hat, zu reagieren. Auch, wenn er oft der Meinung ist, meine Zeitspanne sei zu lang kalkuliert, und er hätte auch ohne mein Zutun rechtzeitig reagiert. Das ist „Stellas Normalmodus“. Nun fahre ich ja seit geraumer Zeit im „Schwangerschaftsmodus“ mit. Der ist verschärft. Geschwindigkeiten über 120 Stundenkilometer – ja, auch auf der Autobahn – kann ich generell nur unter stärkstem Protest akzeptieren. Auch jetzt lasse ich meinen Mann wissen, dass es brenzlig wird. Durch einen lauten Schrei, der ihn schon aus lauter Schreck in die Eisen treten lässt. Auf der Autobahn schreie ich auch, schalte aber zur Sicherheit gleich noch die Warnblinkanlage mit an, dass alle hinter uns auch gewarnt sind (nur für den Fall, dass sie meinen Schrei nicht gehört haben). Nun sollte man meinen, dass es nahe läge, dass ich das Steuer übernehme. Haben wir probiert. Auf dem Weg nach Italien. Funktioniert auch nicht. Denn mit dem Sitzwechsel mutiere ich zur Kamikaze-Braut. Ich werfe sofort alle von mir akribisch durchgesetzten Sicherheitsbestimmungen über Bord. Ich fahre so, wie ich es mir zutraue. Bei 200 Stundenkilometern juchze ich laut vor Freude, fasse mir an den Babybauch und lasse meinen Mann wissen, dass bei mir gerade Turnstunde angesagt ist. Der wird nicht sauer. Der wird blass. Genauso, wenn ich auf der linken Spur drei Meter hinter dem Vordermann den Blinker links setze, nebenbei über den Dehnungsschmerz an den Mutterbändern klage und herzhaft in den Riesen-Burger beiße. Fazit: Egal, wer fährt, ein längerer Ausflug ist derzeit eine Ehe-Bewährungsprobe. Da jedoch eineinhalb Kinder mitfahren, habe ich mich vom Gatten überzeugen lassen, dass es besser ist, er fährt. Aus Sicherheitsgründen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass ich ja momentan in meiner Umsicht (Eichhörnchen am Baum, Katze vor Hund, Auto von rechts, Gerüstschnittchen, etc.) doch sehr eingeschränkt bin…
Let’s Rock’n’Roll
Man macht sich so seine Gedanken. Vor allem als Frau. Fühlt sich ziemlich unentbehrlich, so als Mutter. Wenn man nicht immer selber den Daumen drauf hat, dann läuft ja nix. Geht die Kleine zu Freunden, muss sie sich immer vorher eine ganze Litanei an Vorschriften anhören. Und automatisch wird die betreuende Mama zur Interims-Chefin ernannt (eigentlich nie der Papa, komisch…). Nun bringt so eine Entbindung bei mir automatisch einen längeren Aufenthalt im Krankenhaus mit sich. Oh mein Gott!!! Zu Hause wird alles zusammenbrechen. Mann und Kind alleine. Ganz auf sich gestellt. Ich kann ja auch nicht wirklich vorbereitend tätig sein, da ich von meinen To-Do-Listen immer nur ein Drittel schaffe. Und die Kleine wird traurig sein, so ganz ohne Mama. Bei dem Gedanken kommen mir fast die Tränen. Mein Mann ist vielleicht auch ein bisschen traurig, wenn ich weg bin. Zu Tränen rührt mich der Gedanke von ihm alleine zu Hause aber komischerweise nicht. Ich muss unbedingt Vitamin-Tabletten kaufen, dass sie nicht an Skorbut leiden, wenn ich wieder aus dem Krankenhaus komme. Denn sie werden sich von Fünf-Minuten-Terrine und Dosen-Ravioli ernähren, Salat und Gemüse meiden, wie der Teufel das Weihwasser. Ihre Kleidung wird allmählich einen grau-beigen Einheitsfarbton annehmen, weil mein Mann nichts von Wäsche-Trennung hält. Oder gar nicht wäscht. Ich kann nur hoffen, dass meine Große keine bleibenden Schäden aus dieser Woche davonträgt. Melancholisch hänge ich diesen apokalyptischen Gedanken nach, als mich meine Emma fragt: „Mama, wie lange bist du eigentlich im Krankhaus, wenn das Baby kommt?“ Mir wird ganz flau ums Herz, als ich ihr antworte: „So eine Woche vielleicht.“ Wird sie jetzt schon zu weinen anfangen? Fortan bis zum Tage X nicht mehr ruhig schlafen? Ängstlich am Rockzipfel ihrer Mama hängen? Nein, sie sagt nur: „Ey cool! Papa, dann können wir eine Woche lang ganz laute Rockmusik hören!“
Oh Gott! Ich bin männerblind!
Ich weiß ja, dass sich eine Schwangerschaft auf das Sehvermögen auswirken kann. Der Augenarzt ist auch so ziemlich der einzige Mediziner, den du als Schwangere nicht zu besuchen brauchst. Denn egal, ob du beim Sehtest abschneidest wie ein Adler oder dich anstellst wie ein Maulwurf unterm Solarium: deine Schwangerschaft allein ist schuld daran! Soweit bin ich informiert. Und beobachte auch bei mir eine latente Schlechtsichtigkeit. Mein Bildschirm ist seit kurzem immer irgendwie zu weit weg. Ich greife auch gerne mal neben die Gabel. Wobei nicht ganz klar ist, ob das an mangelndem Sehvermögen oder zunehmender motorischer Störung durch Wassereinlagerungen in den Fingern liegt. Das ist zwar alles lästig, aber ich kann damit leben. Seit kurzem fällt mir allerdings auf, dass mir nichts mehr auffällt. Ich sehe (im übertragenen Sinne), dass ich nix sehe (im realen Sinne). Das Eichhörnchen am Baumstamm, die Spinnweben in meiner Wohnung, die Katze, drei Meter vor meinem angeleinten Hund (Autsch!), das Auto von rechts. All das kann zwar unangenehm werden, stört mich aber nicht. Nicht wirklich. Was mich wirklich sehr, sehr traurig macht, ist, dass meine Hormone mich männerblind gemacht haben. Jetzt bitte nicht falsch verstehen. Ich liebe meinen Mann und plane auch nicht, ihn für einen anderen zu verlassen (wenn ich ehrlich zu mir bin, muss mir auch klar sein, dass mich in meinem momentanen Zustand wahrscheinlich kein anderes brauchbares Exemplar freiwillig nehmen würde). Aber gucken ist doch wohl erlaubt!!!! Ja, gucken ist erlaubt. Doch vor das Gucken hat Gott das Sehen gestellt. Und ich scheide momentan schon in Level eins aus. Die Arbeitskolleginnen boxen sich kichernd in die Seite, setzen ihre dunklen Sonnenbrillen auf und genießen den Anblick des gut gebauten und gebräunten Mittzwanzigers, der oben ohne auf dem Gerüst seine Arbeit tut. Währenddessen beobachte ich eine Dame mit top-stylischem Kinderwagen und überlege, ob der wohl auch eine Handbremse hat. Erst nach Ende der Mittagspause bemerke ich, dass ich das Gerüstschnittchen nicht bemerkt habe. Gut, die Kolleginnen haben den Kinderwagen nicht gesehen. Aber mal ehrlich, wer hat wohl mehr verpasst? Liebe Hormone, ich flehe euch an! Ihr habt mich voll im Griff, das weiß ich, ihr habt gewonnen! Ihr macht mich launisch, träge, bringt mein Bindegewebe so weit, dass es voll Wasser läuft. Ihr seid dafür verantwortlich, dass ich Sonntagabends, völlig verängstigt, mit den Händen vor dem Gesicht meinen geliebten Tatort schaue. All das nehme ich (fast) ohne Murren hin. Also bitte, bitte, ich flehe euch an, gebt mir mein Männersehvermögen wieder!! Ihr meint es sicher gut, wollt von Urzeiten her verhindern, dass die Schwangere gleich dem nächstbesten halbwegs ansehnlichen Höhlenmännchen hinterher rennt. Doch bitte glaubt mir, wenn ich euch sage: Heutzutage ist gucken erlaubt!
Ich glaube, mich tritt ein Koala
Es ist schon lustig. Wenn man das erste Mal das Gefühl hat, etwas zu fühlen. Als ob ein Chihuahua-Welpe an der Bauchdecke entlang läuft. Oder jemand von innen kitzelt (wahrscheinlich ist dem sogar wirklich so). Bei mir im Speziellen streichelt mich der kleine Koala mit seinem Eukalyptusblatt. Oder dem Feigenblatt. Ich glaube, dieses Gefühl ist auch von außen sichtbar. Schon lange, bevor sich der Bauch von den Tritten nach außen wölbt. Wer eine Schwangere mit verklärtem Blick in der Bahn sitzen sieht, der kann fast sicher sein, sie hat gerade Trittkontakt zu ihrem Baby. Naja, vielleicht ist sie auch einfach nur übermüdet oder überlegt, wohin der Zug eigentlich fährt, in dem sie sitzt. Egal, das Trittgefühl ist vorrangig erst einmal ein schönes Gefühl. Ich muss aber natürlich auch bei diesem schönen Thema ein Haar in der Suppe finden. Ich habe einen Bildungsauftrag. Ich muss alle – und damit meine ich wirkliche alle – meine Erfahrungen teilen. Folgende Nachteile des gemeinen Bauchtritts sind mir aufgefallen. Vor allem in der Anfangstrittzeit entfleucht der Schwangeren beim Babytritt gelegentlich ein wohliges, entzücktes „Ohhh hihihihihi!“. Auf dem heimischen Sofa nicht weiter schlimm. In der ersten Bank einer katholischen Kirche mit Blick auf den Priester sicherlich problematischer. Oder während der „Ich-besinne-mich-auf-mein-Innerstes-Schweigeminute“ im Yogakurs. Da gerät bei den anderen Teilnehmerinnen und der Yoga-Lehrerin gerne mal das innere Chi so was von aus dem Fluss, dass es fürs eigene Karma das Beste ist, man geht gleich nach Hause. Ein weiteres Problem kann sich aus der Trittrichtung ergeben. Rechts- und Linkstritte sind nach meiner Erfahrung in Ordnung. Schwieriger wird’s, wenn nach oben oder unten getreten wird. Der Grund: unten trifft Baby die Blase und oben schiebt es den Mageninhalt gen Speiseröhre. Das führt entweder zu überhasteten Toilettenbesuchen oder dem Gefühl, man ließe sich die Mittagspausen-Pizza gleich noch mal durch den Kopf gehen. Anstrengend ist bei mir auch das Kinderturnen nachts von zwei bis drei Uhr. Allerdings weiß ich dabei nicht, ob ich davon aufwache oder es nur spüre, weil ich sowieso gerade wach im Bett liege und mir überlege, ob jetzt der optimale Zeitpunkt für einen Toilettengang wäre. Bei dieser Entscheidung bekomme ich dann wenigsten Hilfe aus dem Bauch. Mit einem heftigen Tritt nach unten.
Heute esse ich meinen guten Vorsatz
Juhuuuuuu!!! Ich darf jetzt pro Tag 300 Kalorien mehr zu mir nehmen!!! Das wird super! Denke ich. Und zwar exakt solange, bis ich weiß, wie viel (wenig!!!) 300 Kalorien in Wirklichkeit sind. Die schlauen Vorschläge wie „ein extra Müsli mit Obst und Haferflocken“ oder „eine Fruchtbuttermilch“ lassen mich bereits stutzig werden. Solche Sachen esse oder trinke ich, weil sie gesund sind. Ohne zu überlegen, wie viele Kalorien ich dabei zu mir nehme. Ehrlich gesagt, dachte ich bisher, mit einer Fruchtbuttermilch nehme ich vielleicht zwei, drei kleine Kalöriechen auf. Dass ich mich dabei um das Hundertfache verschätzt habe, war mir nicht bewusst. Grundsätzlich weiß ich, dass ich mich in der Schwangerschaft gesund ernähren soll. Und ich versuche, das täglich umzusetzen. Meist funktioniert es. Gesund ist demnach bereits abgehakt. Mein Vorhaben: Meine 300 Extra-Kalorien investiere ich komplett in den Bereich Spaß-Essen. Süßes, Fast-Food oder Knabberzeug. Scheiß auf die Vitamine. Die sind dank meiner bisherigen Ernährung schon in mir drin. Leider habe ich in keinem meiner Schwangerschafts-Ratgeber-Bücher (und davon habe ich berufsbedingt sehr viele) einen brauchbaren Vorschlag gefunden. Ich stelle mir das so vor. Ein extra Kapitel. Der Titel: Seite 27: „Herzlichen Glückwunsch, du bist soeben in deine Glücks-Schwangerschaftswoche eingetreten. Dafür schenkt dir die Natur 300 Extra-Kalorien pro Tag“ Und auf Seite 27 finde ich dann eine Tabelle, wie ich mein Tages-Extra möglichst genussvoll verbraten kann. So etwas gibt es leider noch nicht. Also hab ich mir mein eigenes kleines 300-Extra-Kalorien-mit-Spaß-investieren-Büchlein geschustert. Darin zu finden ist beispielsweise ein Cheeseburger oder eine 6er-Packung Chicken Nuggets. Wohl gemerkt keine Hauptmahlzeit. Nur so zwischendurch. Das hört sich doch gut an, oder? Abends vor der Glotze rate ich zu 50 Gramm Chips oder 75 Salzstangen. Aber immer schön mitzählen! Wer auf Süßes steht, kann sich wahlweise Folgendes reinpfeifen: eine Mozartkugel (unglaublich!!!), eine halbe Tafel Vollmilchschokolade, ein Früchtebrot, je drei Vanillekipferl oder Nürnberger Lebkuchen, ein Stück Käsekuchen oder – für den großen Hunger zwischendurch – 15 Butterkekse. Sehr schön finde ich auch: 35 Russisch-Brot-Buchstaben. Für die Russisch-Brot-Variante habe ich sogar noch ein Schmankerl im petto. Legt euch die Worte „Ich esse heute aus Spass (im Russisch Brot gibt’s kein „ß“) vor dem Fernseher“ vor euch auf den Couchtisch. Dann könnt ihr im Laufe des Abends den kompletten Text verspeisen. Danke Natur! Wann kann man seinen guten „Vor-Satz“ schon mal essen?
Das Entspannungsbad - schwanger und mit Erstkind
So ein ausgiebiges Bad ist doch etwas sehr entspannendes. Schon beim Einlassen des heißen Wassers steigt ihr der Duft der ausgesuchten Essenzen des hautfreundlichen, beruhigenden, entspannenden, regenerierenden, anregenden und atemwegsbefreienden Badeöls in die Nase (ja, das alles verspricht ein einziger Badezusatz!). Während das Wasser so vor sich hinplätschert, noch schnell die passende Entspannungslektüre gesucht, das Handtuch auf der Heizung platziert und die Beinrasur-Utensilien bereitgelegt. Ist die Wanne voll, gleitet sie ins heiße Wasser, lehnt den Kopf ans Badewannenkissen, greift zum Buch und verschwindet in einer Welt der tiefen Entspannung. So sitzt sie, bis die Haut Falten wirft und das Wasser langsam abkühlt. Dann ist es Zeit für eine glättende Beinrasur. Zug um Zug, ohne Hektik, gründlich aber völlig unangestrengt. Wohlig duftend entsteigt sie der Wanne, fühlt sich wie ein neuer Mensch, gestärkt für neue, große Taten. "Sie". Ja wer ist "sie" eigentlich? "Sie" ist jedenfalls nicht schwanger und Mutter einer sechsjährigen Tochter. Denn meine Wirklichkeit sieht leider ganz, ganz anders aus. Zuallererst ist mein Wasser beim Einlassen keineswegs heiß. 37 Grad, so die Empfehlung für Schwangere. Sorry, aber wenn ich mich ordentlich aufrege, bin ich heißer. Und ordentlich aufregen ist kein Problem, bis ich in der Wanne bin. Einen vielversprechenden Badezusatz habe ich nicht. Hab’ ich vergessen zu kaufen. Schwangerschaftsdemenz. Ich habe nur den meiner Tochter. Ohne Zusätze jeglicher Art, also auch ohne diesen einen Duft – ihr wisst schon, der, der entspannt, regeneriert, etc. Quasi kaltgepresstes Olivenöl. Als ich mir ein Handtuch über die Heizung hänge, steht Emma neben mir. Mit ihrem Handtuch. Was folgt, ist eine nicht enden wollende Diskussion darüber, dass ich alleine Baden möchte. Resultat: der Kompromiss, dass sie zwar nicht mit badet, aber während meines kompletten Badevorgangs neben der Wanne sitzt und mit mir redet. Super! Dafür holt sie sich erst einmal einen Stuhl und setzt sich. Ich bleibe im Badezimmer. Erstens weil ich an dem Stuhl mit Kind sowieso nicht mehr vorbeikomme und zweitens, weil ich nix zum Lesen brauche. Ich habe jetzt was zum Reden. Neben der Wanne. Ich lege die Beinrasur-Utensilien bereit (Achtung! Einzige Parallele zum schönen, nichtschwangeren Baden ohne Erstkind!). Ist die Wanne voll, gleite ich ins Wasser. Grazil wie ein Wal. Mit dazugehörigen Gesängen. Das Wasser ist kalt und riecht nach nix. Das Badewannenkissen hat Emma sich kurz geliehen – vor drei Wochen, es ist also weg. Emma steht auf und setzt sich wieder. Auf ihr Furzkissen. Haha, wie lustig, das ist Tiefenentspannung. Ich sitze nicht, bis meine Haut Falten wirft. Das kann sie auch – zumindest im Bauchbereich, den Händen und Füßen (die lieben Wassereinlagerungen) – gar nicht mehr. Ich sitze auch nicht, bis das Wasser abkühlt. Es ist ja bereits kalt und wenn es noch weiter abkühlen soll, dann brauche ich dazu Eiswürfel. Seufzend greife ich zum Rasierer. Versuche, mein Bein auf den Wannenrand zu legen. Scheitere kläglich. Als ich mich dann mühsam am Badewannengriff (von dem ich dachte, er sei nur was für uralte Menschen) in die Senkrechte bringe, rieche ich nach nix und bin so was von unentspannt. So was von unentspannt, dass ich meine Tochter samt Stuhl und Furzkissen aus dem Badezimmer schicke und mich meinem nächsten Projekt widme. Einer ausgiebigen heißen Dusche.
Geschlechtslos, aber mit Profilbild
Alle anderen wissen es. Alle schwangeren Freundinnen. Sie wissen, was da auf sie zu beziehungsweise aus ihnen raus kommt. Junge oder Mädchen. Ich weiß nur: es wird ein Baby. Ein verschämtes, kleines Wesen. Hätte es in seiner Fruchtblase ein Feigenblatt zur Hand, so würde es sich sofort bedecken. Hat es nicht, dafür aber Beinchen und Arme. Das reicht. Das reicht, um mit den Ärmchen das Gesicht zu bedecken und somit beim 3-D-Ultraschall der kompletten Truppe vor dem Bildschirm (Herr, Frau und Töchterchen Hammele nebst Gynäkologin) einen Strich durch die „Sie bekommen heute ein Super-Bild vom Antlitz ihres Kindes“-Versprechung zu machen. Alle anderen haben das. Aber ich möchte mich nicht wiederholen. Das reicht außerdem, um die Beine je nach Bedarf nach oben, unten, innen, außen, rechts oder links zu klappen. Hängt ganz davon ab, woher die Olle mit dem Ultraschallkopf gerade angerauscht kommt. Koala-Babys Gliedmaßen sind schneller. 45 Minuten lang. Schneller. Die komplette Familie ist enttäuscht. Bei der Frauenärztin meine ich sogar, sie ist sauer. Da wurden ihr doch von einem sehr kleinen Wesen deutlich die Grenzen ihres wahrscheinlich schweineteuren Angeber-Hightech-Geräts aufgezeigt. Ich denke jetzt allerdings schon weiter. Wie wird der Alltag mit solch einem verschämten, schüchternen Baby? Müssen wir eine kleine Wickelkabine mit Vorhang oder gar Vorhängeschloss einrichten? So dass sichergestellt ist, dass nur engste Vertraute einen Blick aufs Allerheiligste werfen. Wird der Kleine – sollte es ein Junge werden – jemals fröhlich lachend an einen Baum pinkeln? Oder brauchen wir ein Dixie-to-go? Als kleinen Trost gibt uns die Ärztin ein „Profilbild“ (O-Ton Gynäkologin) von unserem Kleinen mit. Na toll! Ich weiß zwar wirklich noch gar nix von meinem Kind, kann es aber jetzt schon mit Profilbild bei Facebook anmelden.
Das Wasser schießt schon ein
Jetzt ist die Zeit gekommen, meinen Wasseransammlungen einen eigenen Beitrag zu widmen. Sie haben es sich verdient. Sie verwandeln mich langsam aber sicher in eine Zisterne auf zwei (dicken!) Beinen. Ich fühle mich seit Tagen geschwollen. Nein, aufgedunsen. Kurz vor dem Platzen. Ich mache schon einen Bogen um spitze Gegenstände, weil ich Angst habe, wenn ich mich steche, haben wir einen Wasserschaden. Alle Ringe sind abgelegt. Auch der Ehering. Aus Angst, man muss sie mir vom Finger sägen. Armbänder trage ich nur, wenn sie größenverstellbar sind. Ebenfalls aus Sicherheitsgründen. Ich muss mich in meine Flip-Flops zwängen! Erwäge, dafür einen Schuhlöffel zu benutzen. Ich bin ein Kamel. Nur, dass ich kleine Wasserhügel auf jedem meiner Zehen habe und nicht auf dem Rücken. Ach ja, und ich kann das Wasser aus meinen Zehen nicht für mich nutzen, wenn ich nach dem „Döner extra scharf“ im Stau stehe und nix zu trinken mit habe. Schaue ich in den Spiegel und bin weiß gekleidet, glaube ich, ganz klar das Michelin-Männchen zu erkennen. Mit dem Unterschied, dass man mich – mit meinen Ausmaßen – auf keinen Fall an einem Laster vorne befestigen sollte. Da kippt der TÜV-Kontrolleur nach hinten aus den Latschen und der Laster nach vorne über. Ich fürchte mich vor dem Winter. Wenn es kühl wird, bin ich aufgeschmissen. Ich sehe mich schon im Schuhgeschäft zur Verkäuferin sagen: „Nein, 39 passt schon in der Länge, ich brauche die 42 nur in der Breite.“ Noch schlimmer: Was passiert, wenn ich gar keine passenden Schuhe finde. Dann komme ich im November mit Flip-Flops aus Gummi um die Ecke, die klackern wie High Heels. Nur sind es nicht die Absätze, die klackern, sondern die kleinen Eisberge auf meinen Zehen, die aneinanderstoßen.
Ich sollte dringend mal…
Jeden Abend im Bett mache ich einen Plan, was ich die nächsten Tage so alles tun muss. Jeden Abend aufs Neue. Weil ich maximal ein Vorhaben pro Tag schaffe, mir aber am Vorabend mindestens drei in den Tag gepackt habe. Nichts Spektakuläres. Tag eins: Wäsche waschen, Staubsaugen und Auto putzen. Tag zwei: Einkaufen, Terrasse fegen und Fenster putzen. Tag drei: Bad und Toilette putzen, Staubsaugen, Babyklamotten sortieren. Das erscheint ein machbarer Plan zu sein. In der Realität sieht es allerdings folgendermaßen aus. Tag eins: Wäsche waschen. Mein Ischiasnerv bringt mich um! Vom Wäsche umladen – also von der Maschine in den Trockner. Eine Runde Selbstmitleid bei einem Glas Wasser (ok, Cola). Oh Gott, gleich Mittagszeit, ich muss was kochen! Nach dem Mittagessen brauche ich erst einmal ein Mittagsschläfchen, da ich mich ja nachts mit Bushido zoffe. Wenn das dann vorbei ist, lohnt es sich nicht mehr, den Staubsauger anzuwerfen, wie ich finde. Schließlich muss ich mich ja auch mal meiner Tochter widmen. Am Abend von Tag eins steht demnach für Tag zwei auf dem Plan: Staubsaugen, Auto waschen, Einkaufen. Das Fegen der Terrasse und Fenster putzen sind bereits um einen Tag verschoben. Nach Tag eins! Nach Tag zwei bleibt: Auto putzen, Einkaufen, Terrasse fegen. Ich bin im Hintertreffen mit Fenster, Bad und Toilette putzen, Staubsaugen (das habe ich gestern erst!) und Babyklamotten sortieren. Langfristig gesehen wird das furchtbar enden, wenn ich die Tage bis zur Geburt hochrechne. Wie viele Vorhaben werde ich am Tag der Entbindung vor mir herschieben? Moment, ich muss rechnen… Ok, sehr, sehr, sehr viele!!!! Wir werden im Müll ersticken. Hunger leiden. Im Dunkeln leben, hinter schwarzen Fensterscheiben. Ich muss froh sein, wenn ich am Ende der Schwangerschaft aufgrund meiner Hausstauballergie keinen Allergieschock erleide. Und das Kleine hat nix anzuziehen, weil ich bisher nur Sommerklamotten aussortiert habe!!! Leute, ich muss an dieser Stelle abbrechen. Ich muss ganz dringend meine Liste abarbeiten!!!
Mein Name ist Hammele – ähem, nur Hammele
No-Name-Produkte sind ja immer mehr im Kommen. Ich glaube unser Kind wird auch eines. Denn vor die Geburt hat Gott die Namenswahl gestellt. Aus gutem Grund, wie ich denke. Wer diesen Prozess als Familie übersteht, der übersteht alles. Die Namenswahl steht bei mir als eheliche Bewährungsprobe noch vor dem Hausbau. Und je mehr Menschen sich an der Diskussion beteiligen, desto schwieriger wird’s. Wir sind eigentlich zu dritt. Eigentlich. Der engere Kreis, sozusagen. Der weitere Kreis schließt dann die liebe Verwandtschaft mit ein. Erhöhen wir den Radius noch ein bisschen, dann gehören auch enge Freunde dazu. Der engere Kreis kann sich bereits nicht auf einen Mädchen- und einen Jungennamen einigen. Meine Tochter Emma orientiert sich in ihren Vorschlägen sehr stark an aktuellen Kinderfilmen und ihrem eigenen Namen. Ich muss dann aber zumindest so tun, als wären folgende Namen ernsthaft diskutabel: Mavis (Hotel Transilvanien), Schlumpfine, Enna (Ich höre mich schon rufen: „Enna, Emma Essen ist fertig!“) und Gru (männlich, aus dem Film „Ich, einfach unverbesserlich“). „Der kleine Gru Hammele möchte aus dem Kinderparadies abgeholt werden.“. Da trau’ ich mich ja nicht, mein eigenes Kind zu holen!! Mein Mann beschäftigt sich ausschließlich mit männlichen Vornamen. Das hat zwar den Vorteil, dass ich beim Mädchenname anscheinend freie Hand habe – natürlich erst, nachdem ich mit meiner Tochter Enna, Mavis und Schlumpfine Hammele argumentativ in die Tonne gekloppt habe – dafür muss ich mich ernsthaft mit den Jungs-Namensvorschlägen meines Mannes auseinandersetzen. Auch nicht leicht. Eine gute Freundin sagte einmal: „Wir hatten zwei Namenslisten. Meine und dann noch eine, auf der kein brauchbarer Name stand.“ Da muss dann schnell ein Kompromiss her, sonst ist’s vorbei mit dem familiären Frieden. Aber nicht genug damit, dass wir drei uns einigen sollten. Um uns herum lauern die Anverwandten. Von denen jeder (Männlein wie Weiblein) ab einem bestimmten Alter insgeheim hofft, dass das Kind nach ihm oder ihr benannt wird. Alle, die sich angesprochen fühlen, aufgepasst. Ich verkünde hier, an dieser prominenten Stelle: Das wird nicht passieren! Unter den engen Freunden gibt es dann zur Krönung immer noch einen, der zu meinem Wunschnamen irgendeinen Busfahrer aus seiner Schulzeit im petto hat. Und der war blöd und hieß genauso! Ich bin nervlich so langsam am Ende und plädiere dafür, dass derjenige, der das Kind neun Monate mit sich rumschleppt und sämtliche Nebenwirkungen der Schwangerschaft ertragen muss, auch bestimmen darf, wie das Baby heißen soll. An alle Schwangeren! Ich bin in Revoluzzer-Laune! Nehmt euch euer Recht! Aber vergesst nicht, euch die Namen auf einem Zettel zu notieren. Nicht, dass auch sie Opfer der Schwangerschafts-Demenz werden.
Müde! Müde! Ich bin so müde!!!
Müdigkeit kann, wie ich jetzt erst weiß, zu einem Dauerzustand werden. Was sagt man in nichtschwangerem Zustand leicht daher, „Gott, bin ich müde“, und weiß doch eigentlich gar nicht, wovon man spricht. Jetzt bin ich manchmal so müde, dass ich mich zu schwach fühle, meinen Zustand zu formulieren. Bleierne Müdigkeit überfällt mich ohne Vorankündigung. In der Eisdiele. Bei der Arbeit. Ganz schlecht: im Auto. Diese wirklich außerordentlichen Erschöpfungszustände sind sicherlich zum Teil hormonbedingt. Da arbeitet sich so ein Hormon ins Hirn und schon kippst du vom Stuhl. Andererseits liegt es aber auch daran, dass Mutter Natur mal wieder ihre Finger im Spiel hat. Die meint es ja grundsätzlich immer gut. Greift aber zu den falschen Mitteln. Der Plan der Natur ist: Da lass ich die werdende Mami nachts mal wegen jedem Mäusepups so richtig schön wach werden, dann gewöhnt die sich gleich dran, dass sie bald zu nachtschlafender Zeit raus muss zum Stillen, wenn das Kleine schreit. Völlig falscher Ansatz! Wäre der bessere Plan nicht folgender: Ich lass die werdende Mami jetzt mal so richtig ratzen, aber so richtig. So, dass der schnarchende Ehemann ganze Wälder absägen und anschließend zu Feuerholz verarbeiten kann. Sie schläft. Schläft gut. So kann Mami ganz entspannt – am Besten traumlos (doch dazu später noch mehr) – der Geburt entgegenschlummern, nach der dann der Natur-Plan in Kraft tritt. Bitte Natur, hier hast du meinen Verbesserungsvorschlag! Stattdessen liege ich also nachts wach. Weil ich Pipi muss. Oder musste. Oder glaube, bald zu müssen. Vielleicht aber auch, weil mich einer meiner – seit der Schwangerschaft – überdurchschnittlich realen Träume aus dem Schlaf reißt. Ich sauge den Tag über alles auf, was sich nachts zu einem möglichst abstrusen Traum verwerten lässt. Um ein Uhr streite ich mich mit Bushido über die Gleichberechtigung homosexueller Paare. Das kostet mich anschließend eine Stunde Schlaf, während der ich mich wirklich (dank der Hormone) maßlos über das Geträumte aufrege. Nachdem ich um drei dann zur Ruhe komme und wieder eindöse, kommt jemand und baut eine Treppe in unser Haus. Verkehrt herum!!!!! Sozusagen auf links!!! Falsch eben!!! Ein echter Aufreger!!! Der mich bis fünf Uhr wach hält. Nach drei Wut-Pipis schlafe ich wieder ein. Aber nur leicht, weil ich träume, dass gleich der Wecker klingelt (wie abgefahren ist das denn, bitte?!?!?!). Als der das dann um halb acht wirklich tut, bin ich völlig fertig. Ich wuchte mich mit nur einem Gedanken aus dem Bett: „Hoffentlich kann ich heute einen Mittagschlaf machen…“
Meine Pinkelpause ist zu kurz
Eigentlich bin ich immer auf der Suche. Auf der Suche nach der nächsten Toilette. Bei der Frage "Muss noch jemand Pipi, bevor's (egal was!) losgeht?" werde ich immer mit "Au ja, ich!" antworten. Es ist schon erstaunlich, dass mein Körper ein 0,3l-Fläschchen stilles Wasser (ok, Cola) in 15 Toilettengänge verwandelt. Zwischen denen muss ich aber auch wieder etwas trinken, mindestens zwei Liter sollen es ja schließlich sein pro Tag. Das potenziert sich. Ich bin sozusagen ein Fass ohne Boden. Bei mir ist die Pinkelpause der kurze Zeitraum, in dem ich gerade mal nicht muss. Solange ich in meinem Revier bin, ist das kein Thema. Ich bin ein Toilettenführer auf zwei Beinen, kenne sie alle, habe sie alle besucht. "Sie stehen auf dem Marktplatz und verspüren ein dringendes Bedürfnis? Gehen sie 300 Meter nach Westen und sie werden dort ein modernes WC zu ihrer Linken finden, selbstreinigende Brille, dreilagiges Softpapier, ein Waschtisch mit Lichtschranke und diese Dyson-Föns, bei denen sich die kleinen Kinder immer die Ohren zuheben, weil sie so laut sind. All das finden sie in einer gepflegten Brise-Pyramide-Athmosphäre." Viele Schwangere wären dankbar für diesen kleinen nützlichen Pocketführer. Noch besser wäre eine App – eine internationale. Denn in fremden Städten ist es echt schwer, wenn man mal muss. Also, brutalst dringend muss. So dringend, dass schon leicht der Schweiß ausbricht, weil sich der Körper denkt: "Irgendwo muss die Flüssigkeit jetzt einfach raus." Da ist die erste Anlaufstation eine Kletterhalle in Brixen. "Schuldigung, haben Sie eine Toilette?" Die Antwort des braungebrannten, blonden Freeclimbers, für den ich aus dringlicheren Gründen momentan kein Auge frei habe. "Ja, schon, aber wir haben noch zu." Die Tür ist auf, und ich will nicht klettern (wie sollte das auch gehen, mit meinen Ausmaßen, da würde ja die Wand kippen!), ich will nur pinkeln, wo ist das Problem!!!! Muss ich zur Schüssel erst die Steilwand durchqueren? Ok, hilft nix. Schnell weiter. Zu den Brixener Stadtwerken. Die haben da sicher eine Pipigelegenheit für mich. Ich steh da, verzweifelt, hinter meiner deutlich sichtbaren Babykugel und bettele um eine Toilette. Da sagt die Dame am Empfang doch allen ernstes: "Ja, wir haben Toiletten." Uff, meine Muskulatur beginnt, sich zu entspannen. Ich lächle verklärt. Sie lächelt freundlich: "Aber keine öffentliche." Na, vielen Dank! Hätte ich eine Pipi-App auf meinem Smartphone, wäre ich schon längst wohlig entleert unterwegs in der Stadt. Dann wüsste ich nämlich, dass es im Aquarena, dem Hallenbad gleich neben den Stadtwerken, eine gnädige Toilettendame gibt, die meine Notlage sofort erkennt und mir (noch bevor ich nach dem stillen Örtchen frage) mit einem mitleidigen "Prego!" den Weg gen Erlösung weist.
Eines habe ich gelernt. Es gibt nur einen, der mich von der nächsten Toilette fernhalten kann: Robbie Williams. Zweieinhalb Stunden Pinkelpause – absoluter Rekord bisher. Er hat gesungen, ich habe gelauscht, er musste nicht, ich musste nicht. Es war eine wunderschöne Zeit.
Achtung! Verboten!
Seit ich schwanger bin, fühle ich mich wieder ein bisschen wie ein kleines Kind. Überall lauern Verbote. Viele fallen mir leicht. Einige nicht. Während Alkohol und Zigaretten ganz selbstverständlich tabu sind und ich damit auch keinerlei Probleme habe, erliege ich täglich meiner kleinen Cola-Versuchung. Obwohl das rote Verbotsschild in meinem Hirn hochpoppt, ist das andere rote Schild größer. Als Schwangere ist es mir nicht erlaubt zu fasten. Nun ja, auf diese Idee wäre ich jetzt auch wirklich nicht gekommen... Ich muss eher aufpassen, dass ich die fließende Grenze zu dem Verbot "Du sollst nicht für zwei essen" nicht überschreite. Vor allem, weil mir eigentlich nur während des Essens nicht schlecht ist. Ansonsten immer – also davor genauso wie danach. Übergeben kann ich mich allerdings nicht. Ich behalte schön alles, was ich den Tag über so in mich hineinfuttere und lagere es sicher auf meinen Hüften. Mein größtes Problem mit Schwangerschaftsverboten liegt ganz klar im Bereich „Essen“. Während ich derzeit – genauso wie vor der Schwangerschaft – keine große Lust verspüre auf Leistungssport (zu anstrengend), Tauchen (Haie!!!!), einen Bungee-Sprung, Klettern (Höhenangst) oder einen Besuch im Sonnenstudio (ich passe sowieso nicht mehr unters Solarium), fällt mir der Verzicht auf andere Dinge sehr viel schwerer. Wenn ich da an ein Steak vom Grill denke, innen noch rosa, italienische Salami, Serrano-Schinken, oder ein schönes Stück Ziegenkäse, ein Häppchen Sushi… Stopp!!! Verboten!!! Tirami… Stopp!!! Verboten!!! Ok, ok, dann mach ich mich halt auf, zum Kebab-Haus meines Vertrauens und hole mir einen Döner mit allem. Dort kommt die Frage: „Auch mit Schafskäse?“ Stopp!!!! Ihr wisst schon…
Die kleinen Promis
Natürlich verfolge ich derzeit auch, wer in Promikreisen eine Kugel vor sich herschiebt. Und sobald ich von einer prominenten Dame weiß, dass sie schwanger ist, beginnt auch schon mein Kopfkino. Vielleicht muss ich das näher erklären. Bei Anna Clumsky mache ich mir beispielsweise Sorgen, ob sie für ein Baby sorgen kann. Schließlich ist sie in meinem Kopf immer noch das kleine Mädchen aus „My girl“ – also allerhöchstens eine kleine Babysitterin, die auch beaufsichtigt werden muss. Bei Nora Tschirner habe ich da keine Sorgen, die ist ja Kindergärtnerin. Und hat Till Schweiger an ihrer Seite. Juliette Lewis soll auch ein Baby erwarten. Vielleicht werden es Zwillinge. Zwillinge, die nicht per Kaiserschnitt auf die Welt kommen. Schließlich sind sie ja „natural born“. Mein Namensvorschlag: Mickey und Mallory. In Penelope Cruz’ Babybauch vermute ich einen wilden Jungen, der schon mit Augenklappe auf die Welt kommt und im Piratenschiff durch seine kleine Wanne segelt. Halle Berry bekommt bestimmt ein Mädchen. Ein Mädchen, das sich sehr für Kosmetik interessiert. Nichts Besonderes. Doch, denn wenn im Sandkasten die bösen Jungs mal wieder aufdrehen, wird die kleine Berry zu „Kitty-Girl“, der Tochter von Catwoman, und haut den Bösewichten mächtig die Schaufel auf den Windel-Po. Bei Jessica Simpsons Tochter könnte es eine schwere Geburt werden, da die Cowboystiefel mit raus müssen. Und dann nichts wie ab in die Waschanlage. Matchboxautos polieren. Stacy „Fergie“ Ferguson von den Black Eyed Peas wird zu ihrem Mann sagen „I gotta feeling“, wenn die Wehen beginnen. Dann bringt sie einen mit Goldketten behängten Jungen auf die Welt, der schon auf dem ersten Ultraschallbild aussah wie eine Bohne mit schwarzen Augen. Kate Winslets Baby wird traurigerweise als Halbwaise geboren – denn Leonardo di Caprio ist ja leider ertrunken. Aber ich sehe das Kleine schon vorne in seinem Bettchen stehen. Die Arme gen Himmel gereckt.
Hauptsache, er ist gesund
Dass meine sechsjährige Tochter Emma sich sehnlichst ein Geschwisterchen wünscht, das weiß ich. Sie sagt auch schon immer, ich solle mehr essen, dass ich einen dicken Bauch bekomme. Dann kommt nämlich auch ein Geschwisterchen. Das weiß sie von anderen Mamis aus dem Kindi, sagt sie. Ich finde, das ist eine schöne Vorstellung und belasse es dabei. Da ich nicht möchte, dass es gleich der ganze Kindergarten und somit das ganze Dorf weiß, dass ich ein Baby bekomme, sage ich ihr bis zur zehnten Woche nichts. Nach einem Arztbesuch, ausgestattet mit neuem Ultraschallbild, beschließe ich, sie einzuweihen. Ich lege das Bild auf den Tisch und frage Emma, ob sie weiß, was das ist. "Ein altes Foto", sagt sie. Ok, irgenwie sehen diese Ultraschallbilder ja wirklich so aus. Ich frage weiter, ob sie erkennt, was auf dem Bild dargestellt ist. "Ja klar," kommt die Antwort, "ein Koala-Bär." Jetzt bin ich sprachlos. Damit habe ich nicht gerechnet. Als ich ihr erkläre, dass das ihr Geschwisterchen ist, das sie da sieht, fällt sie mir um den Hals und freut sich wie Bolle. Abends erzähle ich meinem Mann, dass wir einen Koala-Bären erwarten und der meint nur: "Na du weißt ja, hauptsache, er ist gesund."
Ähem, was wollte ich nochmal...?
Meine Schwangerschaftsdemenz nimmt allmählich derartige Ausmaße an, dass sie sich ein eigenes Kapitel verdient hat. Ich vergesse in sämlichen Lebenslagen einfach alles. Wenn ich ohne Einkaufzettel in die Innenstadt fahre, weiß ich dort nicht mehr was ich eigentlich besorgen muss. Das ist teuer: Denn es führt zum einen zu unkontrollierten Spontankäufen und zum anderen zu sehr hohen Parkgebühren. Ich weiß – zurück im Parkhaus – nämlich leider nicht mehr, wo ich mein Auto abgestellt habe. P1, P2 und P3 sind groß, wenn man zu Fuß die Reihen abgehen muss. Als ich nach drei Stunden wieder zu Hause bin und dort auch nirgends ein Einkaufszettel liegt, fällt mir ein, was ich in der Stadt wollte. Meine Tante besuchen. Ich rufe sie an und sage zum ersten Mal in meinem Leben eine Einladung nachträglich ab. Genauso, wie ich allen Freunden jetzt nachträglich zum Geburtstag gratuliere. Das ist ok, wenn man ihnen am Tag ihres Wiegenfestes nicht über den Weg läuft. Wenn doch, geht nachträgliches Gratulieren Hand in Hand mit starkem Schämen.
Außerdem möchte ich an dieser Stelle einen Aufruf an alle Einbrecher machen: "Sie möchten in ein Haus einbrechen, das eine Schwangere beherbergt? Versuchen sie es erst einmal durch die Türe, bevor sie Fenster demolieren." Denn vielleicht ist diese Haustüre ja auch nur angelehnt. So, wie die unseres Hauses. Am Morgen kehre ich noch unsere Einfahrt und habe deshalb diese kleine Klappe an unserer Haustüre umgelegt. Dass ich mich nicht aussperre. Jaaaaa, da habe ich schwer mitgedacht! Am Mittag werfe ich noch kurz die Waschmaschine an – leer, denn Wäsche vergesse ich in die Maschine zu laden – dann macht sich die ganze Familie für vier Tage auf nach Erfurt zu einer Freundin. Nach unserer Rückkehr schließt mein Mann die Haustüre auf (das müsste er gar nicht) und wir leben noch eine weitere Woche mit unserer angelehnten Türe. Bis meine Tochter sich an die vermeintlich geschlossene Türe lehnt und mit dieser sprichwörtlich ins Haus fällt. Gott sei dank wohnen wir auf dem Land! Da sind meine Demenz-Fahrten in die Stadt zwar teuer, aber immer noch billiger als ein leergeräumtes Haus...
Sind Zeitreisende attraktiv?
Ich glaube ja, dass es ein Gerücht ist, dass Männer ihre schwangeren Frauen besonders attraktiv finden. Sie selbst haben dieses Gerücht in die Welt gesetzt. Aus reinem Selbstschutz. Da ich niemanden diskriminieren möchte, sei an dieser Stelle nochmals betont: Ich schreibe hier ausschließlich über meine eigene, gefühlte derzeitige Attraktivität. Ganz subjektiv. Andere Schwangere mögen sich anders sehen. Ich jedenfalls stehe morgens auf und weiß nicht, ob ich gereizt bin, weil mir so schlecht ist. Oder, ob sich mir von meiner eigenen Übellaunigkeit der Magen hebt. Nach einem ersten Blick in den Spiegel ist ziemlich klar, woher die Übelkeit jetzt kommt. Denn da sieht mich jemand an, den ich auf den ersten Blick gar nicht erkenne. Kennt ihr diese Spaß-Klappbücher für Kinder? Oben Elefant, in der Mitte Vogel und unten Löwe. Haha, wie lustig. Oben Spätpubertierende mit vereinzelten grauen Haaren, mittig Dolly Buster mit Kugelbauch und unten die, die alle fünf Minuten auf die Toilette rennt, um das Wasser aus den Füßen zu pumpen. Das bin ich. Nicht ganz so lustig. Nach diesem Anblick kann ich nur hoffen, dass mich die Schwangerschafts-Demenz das alles sehr schnell vergessen lässt. Als Schwangere bin ich eine personifizierte Zeitreise. Zumindest, was die Wehwehchen anbelangt. Die Pickel (nicht nur im Gesicht, sondern jetzt auch auf Hals und Lippe!!!) werfen micht um Jahre zurück, der Babybauch zeugt vom Lebensabschnitt, in dem ich mich gerade wirklich befinde und die schweren Beine, genau wie die Vergesslichkeit, liefern einen Blick in die Zukunft. Ob mein Mann diesen Zustand attraktiv findet, darf angezweifelt werden. Er ist momentan mit einer 16-jährigen Mitdreißigerin Ende 70 zusammen. Die obendrein auch noch permanent schlechte Laune hat. Da ist es wohl sicherer man sagt: "Schatz, die Schwangerschaft macht dich nur noch schöner."
Wie sag ich's meinem Chef?
Da die Mission "Heute sag ich's meinem Mann" doch eher suboptimal verlief, möchte ich es dieses Mal nach Möglichkeit nicht verkacken. Demnach fällt die Überbringung der frohen Botschaft am Telefon weg. Zu unpersönlich und auch einfach zu riskant. Nicht, dass wieder die Sekretärin am Apparat ist, ich ihr sage, dass ich schwanger bin und es anschließend die ganze Firma vor dem Chef erfährt. Gott sei Dank kann es nur besser laufen, als beim letzten Mal. Denn als ich mit meiner Tochter schwanger war und es meinem damaligen Chef sagte, flippte der total aus, faltete mich zusammen und die Kündigung kam mit Ende meiner Elternzeit. Ja, so etwas gibt es heute noch!
Das wird jetzt nicht passieren, da bin ich mir sicher. Ich empfehle trotzdem jeder Schwangeren an diesem großen Tag ein sehr starkes Deo – vielleicht sogar eines der Kategorie "for men" – weil die sowieso schon hormonell angekurbelte Schweißproduktion an diesem Tag alle Dämme brechen wird. Ich hätte anschließend sogar Wechselklamotten gebrauchen können (vielleicht einen Satz in den Kofferraum legen, nur zur Sicherheit). Einen optimalen Zeitpunkt für das Gespräch gibt es nicht. Ich teile mich in der elften Woche mit. Aus dem einfachen Grund, dass mein Bauch schon ordentlich groß ist. Und lieber wissen alle, dass ich schwanger bin, als es denken alle, ich werde fett...
Als ich das Chefbüro betrete, habe ich mir wieder alles zurecht gelegt. Und dieses Mal klappt es. Ich sage die magischen fünf Worte – mehr braucht es nicht, dass mein Chef sich mit mir freut: "Unsere Fruchtbarkeits-App funktioniert sehr gut."
Scharfsinnige Riecherin
Ich habe das Gefühl, ich rieche besser als der Hund meiner Eltern. Nun mögen einige sagen: Und? Was ist daran besonders? Tja, ich spiele nicht auf meinen Körpergeruch an, sondern auf meinen neuen Geruchssinn. Ich rieche alles. Die kleinste Nuance. Grundsätzlich ist das von der Natur ja lieb gemeint. Die sagt: "Du bist schwanger, ich verleihe Dir hiermit die Fähigkeit, verdorbene Lebensmittel sofort am Geruch zu erkennen. Tadaaaaaa!" Danke, Natur. Manchmal ist meine neue Superkraft ein echter Segen. Neben dem gutaussehenden Mann mit dem umwerfenden Parfum zum Beispiel. Er riecht nach Sommer, nach Orangenbäumen, einem Hauch Vanille mit zarter Honigmelonen-Note und einem Schuss Amaretto. Zum Anbeißen! Problem: Mein Mann riecht nach dem Genuss seines Feierabendbierchens für mich wie ein verdorbenes Lebensmittel. Sorry, Schatz, aber ich möchte nicht neben verdorbenem Hopfen an Schimmel-Hefe schlafen. Aber ich liebe dich natürlich trotzdem! Als leidenschaftliche Cabriofahrerin ergeben sich für mich noch mehr brechreizerregende Probleme. Frisch gedüngte Felder, der neue Teerbelag auf der Bundesstraße, der Raucher im Auto vor mir und mein persönlicher Geruchs-Supergau: die Fahrt durch die abgasgeschwängerte Stadt hinter dem Müllauto, das gerade bei 30° C den Biomüll einlädt. Da hilft nur noch der Gedanke an Orangenbäume, einem Hauch Vanille mit zarter Honigmelonen-Note und ihr wisst schon...
Das dritte Stockwerk ist fast zu viel für mich...
Nachdem drei Schwangerschaftstests ein positives Ergebnis brachten, wird es Zeit, absolute Gewissheit zu haben. Und da auch fünfzehn weitere Tests mich nicht davon überzeugen, dass ich wirklich schwanger bin, gehe ich zur Frauenärztin meines Vertrauens. Denn die hat etwas, das ich nicht habe. Etwas, das ich in den nächsten neun Monaten am liebsten im Wohnzimmer hätte: ein Ultraschallgerät. Das wird mir die absolute Gewissheit bringen. Ein Herzschlag, eine Grössenangabe, ein voraussichtlicher Geburtstermin, das ist es, was ich brauche. Nicht nur zwei popelige Kreuzchen auf einem Teststreifen.
Im Praxisgebäude angekommen, mache ich mich auf, in den dritten Stock. Natürlich nehme ich die Treppe. Ich bin ja fit. Bis ungefähr zum ersten Stock. Dann möchte ich meine Verfassung schon nicht mehr als fit beschreiben. Im zweiten Stock bin ich eigentlich bereits an meiner Leistungsgrenze angelangt. Jedoch noch nicht am Ziel. In Zeitlupe mache ich mich auf zum Finish. Stockwerk drei. Zieleinlauf. Mit der Herzfrequenz einer aufgebrachten Wühlmaus drücke ich den Klingelknopf. Japsend stehe ich an der Theke und hechle der Sprechstundenhilfe meine Eckdaten zu. Nachdem ich im Wartezimmer meinen Körper wieder in den Normalmodus gebracht habe, bekomme ich im Behandlungszimmer endlich die ersehnte, absolute Gewissheit: Mein Kind ist stolze zwei Millimeter groß. Den Herzschlag kann man noch nicht erkennen, da ich erst in der sechsten Schwangerschaftswoche bin. Als die Ärztin dann den errechneten Geburtstermin in meinen Mutterpass einträgt, weiss ich zwei Dinge sicher: 1. Ja, ich bin wirklich schwanger. 2. Runter nehme ich den Aufzug.
Wie sage ich es meinem Mann?
So. Stand der Dinge: Ich weiß, dass ich schwanger bin. Aber sonst keiner. Das muss man sich mal richtig bewusst machen. Eine Bomben-Neuigkeit. Vielleicht nur für einen kleinen Teil der Welt, ok. Aber trotzdem: Eine Bomben-Neuigkeit!! Und ich trage jetzt ganz alleine die Verantwortung, dass diese Bomben-Neuigkeit auch standesgemäß verbreitet wird. Vielleicht ein Banner an einem Flugzeug, das am Büro-Fenster meines Mannes vorüberfliegt? "Du wirst Papa!" Nein besser nicht. Das Missverständnispotenzial ist zu groß. Ein Pärchen Babyschuhe? Aber welche Farbe? Nö. Ich entscheide mich für die unspektakulärste aller Mitteilungsmethoden: Den Telefonanruf. "Es gibt Neuigkeiten", werde ich sagen. Dann eine vielsagende Pause machen. Und dann: "Du wirst Papa!" So ist der Plan. Leider habe ich nicht damit gerechnet, dass mein Gatte sein Telefon auf die Zentrale umgestellt hat. Und der Plan steht ja. "Es gibt Neuigkeiten", sage ich demnach zu Frau Schmidt. Die sagt erstmal gar nix. Und dann: "Wer spricht da?" Ich sage erstmal nix. Und dann: "Hammele. Ist mein Mann zu sprechen?" Super!!! Na, zumindest habe ich Frau Schmidt nicht gesagt, dass sie Papa wird... Als ich meinen Mann am Telefon habe, sage ich nur noch: "Du wirst Papa." Das war's. Er wird mir abends erzählen, dass er sich den ganzen Tag auf nichts habe mehr konzentrieren können und nur noch an unser Telefonat denken musste. So ging's mir auch, aber eher wegen Frau Schmidt...
Erst hören, wer ans Telefon geht, dann denken, dann sprechen.
Juhuu!!! Der Test ist positiv!
Oh, wie aufregend!!! Heute ist der große Tag. Der Tag, an dem ich einen Schwangerschaftstest machen kann. Aber wo kaufe ich das Ding am Besten? In der Apotheke meiner Freundin? Nein! Auf keinen Fall! Die Gefahr unerwünschter Fragen ist zu groß. Ich entscheide mich für den nahe gelegenen Edeka-Markt. Abfahrt dorthin: 10 Uhr, da sind erfahrungsgemäß nur Rentner beim Einkaufen. Mamis und Berufstätige – also mein Bekanntenkreis – sind da kaum unterwegs. Ich konnte ja nicht wissen, dass dieser Markt gerade an meinem großen Tag, sein gesamtes Sortiment umräumt. Und zwar richtig umräumt. Dort wo die Schwangerschaftstests waren, stehen jetzt die Kondome... Na dafür ist es jetzt hoffentlich zu spät! Nach dem Test fragen, möchte ich nicht. Also mache ich mich auf die Suche. Dabei treffe ich mehrere Bekannte, die immernoch im Markt sind, weil sie das, was sie brauchen, nicht finden. Genauso wie ich!! Ok, ich hab ihn. Ab zur Kasse. Ich bin raus. Puhhh! Überstanden. Ich schwinge mich ins Auto und flitze nach Hause. Mit zittrigen Händen mache ich den Test. Innerhalb einer Minute sollte das zweite Kreuzchen sichtbar sein... "Eine Minute kann endlos sein", denke ich noch so bei mir. Und da ist es auch schon!!!!!! Das zweite Kreuzchen!!!! Ich bin schwanger!!!!
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Liebe Grüße von Stella
Danke fürs Lob, freue mich immer über positives Feedback. Liebe Grüße zurück in die Schweiz